"Jedes Gebäude in Berlin muss ein Stockwerk höher gemacht werden. Oben ein hochklassiges Penthouse, und unten eine genauso große Sozialwohnung für 6,50 Euro pro Quadratmeter“, erklärt der Berliner Architekt seine Utopie. Sein neuestes Projekt kreist jedoch nicht nur um eigene Ideen. Andere kreative Köpfe sind ebenso gefragt.
Der Fernsehturm am Alex, die gläserne Reichstagskuppel, die riesigen Hochhäuser am Potsdamer Platz: Sie sind es, die das heutige Berlin ausmachen. Dabei könnte die Stadt auch ganz anders aussehen. Manche Wettbewerbs-Entscheidung hängt nur von wenigen Stimmen in Ämtern und Verwaltung ab. Vielleicht hätte nicht viel gefehlt und die die Kuppel wäre eine Ufo-förmige Scheibe geworden. Oder auf dem Potsdamer Platz würden Birken statt Wolkenkratzern in die Höhe ragen.
Kreativität in Kisten
Unterirdische Wege könnten die vereinte Stadt vernetzen – so zeichnete der US-Architekt Lebbeus Woods in den 80er Jahren seine Vision von Berlin. Dieses und Tausende andere Konzepte vergammelten bisher in Pappkartons und vergilbten Ordnern. "Da stecken Ideengeschichten drin, die sind wahnsinnig inspirierend“, begeistert sich Brandlhuber. Sein Ziel: Alle rund 3.000 Wettbewerbs-Beiträge zu archivieren und eine Datenbank zu erstellen.
In der Berlinischen Galerie bekommen einige dieser aufregenden Ideen endlich Aufmerksamkeit – in der Ausstellung The Dialogic City – Berlin wird Berlin. Ihr Herz ist das gleichnamige Buch von Brandlhuber und seinen Co-Autoren Florian Hertweck und Thomas Mayfried. "Vielleicht sind einige der Ideen aus heutiger Sicht so aufregend, eben weil sie fragmentarisch und unfertig sind, weil sie Wege skizzieren, anstatt sie vollständig auszumalen“, heißt es im Buch.
Ein Buch als Ausstellung? "Ja. Man bekommt das Buch dort sogar kostenlos“, lacht der Brandlhuber. Zusätzlich kann man sich Berlin-Fotografien anschauen oder sich in Kommentare vertiefen.
Ist das Kunst oder kann das mehr?
The Dialogic City ist Denkanstoß, Diskussionsraum – und auch politischer Appell. "Es gibt ganz konkrete legislative Vorschläge zur Umsetzung“, erzählt Brandlhuber. Ob das Flughafengebäude auf dem Tempelhofer Feld schon nicht wieder zu erkennen sein wird? Brandlhuber spielt jedenfalls mit dem Gedanken, einen Zwilling des Bikinihauses oben drauf zu setzen. Könnte sehr aufregend werden.
Am kommenden Dienstag diskutieren die Architekten ab 19 Uhr in der Berlinischen Galerie mit Andreas Geisel, dem Berliner Senator für Stadtentwicklung.
Wer sich das urbane Leben weniger politisch und mehr künstlerisch zu Gemüte führen will, wird in der Nationalgalerie, der Deutsche Bank Kunsthalle und dem KW Institute vor Contemporary Art fündig. Bis zum 8. November sind dort weiteer Ausstellungen zu Stadt / Bild – Image of a City zu sehen. Weitere Informationen gibt es auf www.stadt-bild.berlin.de und www.berlinartweek.de