"Die Schmerzmacherin" Beklemmend und preisverdächtig

In ihrem neuen Roman entführt die österreichische Autorin Marlene Streeruwitz den Leser in das unheimliche Schattenreich privater Sicherheitsdienste. Das Buch hat Aussichten auf den Deutschen Buchpreis 2011.

Wer nur den Klappentext liest, könnte einen Thriller erwarten. Tatsächlich ist der neue Roman von Marlene Streeruwitz, "Die Schmerzmacherin", in einem Milieu angesiedelt, das für einen Krimi geradezu prädestiniert zu sein scheint. Die Geschichte spielt im Schattenreich privater Sicherheitsdienste. Doch ist "Die Schmerzmacherin" alles andere als ein konventioneller Krimi. Er ist auch nicht direkt politisch, nur weil die zweifelhafte Rolle dieser Sicherheitsdienste in modernen Kriegen angesprochen wird. In erster Linie ist dieser Roman, der zu den 20 für den Deutschen Buchpreis 2011 nominierten Titeln gehört, eine psychologische Studie. Es ist die Geschichte einer Überforderung.

"Die Schmerzmacherin"

von Marlene Streeruwitz
S. Fischer
Preis: 19,95 Euro

Unsicher beim Sicherheitsdienst

Im Mittelpunkt steht Amy Schreiber, eine junge Frau, die bei einem privaten Sicherheitsdienst angeheuert hat. Warum sie das getan hat, wird nicht so ganz klar. Eine Verwandte hat wohl ihre Beziehungen spielen lassen. Denn eigentlich ist diese Amy in keiner Weise für diesen Job geeignet. Sie ist unsicher, schwach, spricht in unvernünftigem Maße dem Alkohol zu. Sie ist eine Entfremdete, die nirgendwo richtig dazu gehört.

Ihre drogensüchtige Mutter ist früh aus ihrem Leben verschwunden, ihre Stelle übernahmen Pflegeeltern. All diese Personen spielen weiterhin gedanklich eine Rolle in ihrem Leben, wie Traumbilder kehren sie immer wieder zurück. Hinzu kommen die Kollegen des Sicherheitsdienstes, die sie als intrigant und undurchsichtig erlebt. Amy fühlt sich klein und machtlos. So heißt es in einer typischen Passage: "Sie beugte ihr brennendes Gesicht über die Kaffeetasse. Sie war sogar dazu zu dumm. Die Verzweiflung stieg wieder auf. Das Gefühl, eigentlich weit weg zu sein, aber mithören zu müssen, wie alle schlecht über sie sprachen. Böse. Vorwurfsvoll. Anklagend. Und es stimmte ja auch."

Gefühl der Beklemmung

Die Welt, in der Amy sich bewegt, bleibt schwer greifbar, konfus und unheimlich. Mal ist es eine kalte, abweisende Winterlandschaft, dann wieder ein heruntergekommenes Hotel an der bayerisch-tschechischen Grenze, in dem sich die Sicherheitsfirma einquartiert hat. Unwirtliche Schauplätze, an denen undurchsichtige Dinge passieren. Was ist aus dem Gefesselten im Schnee geworden, den Amy gefunden hat? Warum werden ihrem Freund die Knie zerschmettert? Wieso ist ein ganzer Tag plötzlich aus ihrem Gedächtnis gelöscht? Mit all diesen Fragen lässt die Autorin Amy und den Leser allein.

Streeruwitz erzählt dies in ihrer abgehackten, stakkatohaften Sprache, bei der manchmal ein Satz einfach so unvollendet im Raum stehen bleibt. Beim Leser hinterlässt sie ein Gefühl der Beklemmung, eine Ahnung dunkler, nicht geklärter Machenschaften, was am Ende dann doch unbefriedigend ist.

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Sibylle Peine/DPA