Der jüdische Professor Coleman Silk ist gewiss kein Rassist, - und er hat auch ganz persönlich nicht das geringste Motiv dazu. Gleichwohl wird ihm eine zweideutige englische Redewendung als "Rassismus" ausgelegt. Das kostet den verdienstvollen Mann seine Position an einem ehrwürdigen New-England-College. Silks Ehefrau stirbt aus Kummer über diese Demütigung. Der Professor selbst will danach ein Buch über den Skandal schreiben und sucht die Hilfe eines Autors, der sich nach schweren Lebenskrisen in eine Waldhütte zurückgezogen hat.
Wem die Geschichte, die ab dem 18. Dezember in den Kinos erzählt wird, bekannt vorkommt, irrt sich nicht: Robert Benton hat nach einem Drehbuch von Nicholas Meyer und unter dem gleichen Titel den Erfolgsroman "Der menschliche Makel" von Philip Roth verfilmt.
Hochkarätige Besetzung
Mit dem großen Anthony Hopkins in der Hauptrolle des Coleman Silk sowie Nicole Kidman als seiner jungen letzten Geliebten ist der Film nicht nur hochkarätig besetzt, sondern zeigt in erlesener Qualität auch die ebenso originelle wie bewegende Geschichte eines Außenseiters, der Anerkennung gewinnt, sie verliert, wieder zum Außenseiter wird und so endet.
Nicole Kidman nicht ganz überzeugend
Es war kein einfaches Unternehmen, den hochkomplexen Roman von Roth auf die Leinwand zu bringen. Insgesamt ist das Benton und seinem Team, allen voran Hopkins, respektabel gelungen. Der feingliedrigen Kidman nimmt man zwar die Putzfrau nicht recht ab, auch als heißblütige Geliebte des alten Professors wirkt sie nicht so überzeugend wie in vielen anderen Rollen. Aber der derzeit schauspielerisch hochkarätigste weibliche Hollywoodstar schmückt natürlich die Besetzungsliste eines Films, der gewiss keine leichte Kost ist.
Kammerspiel, das nur tragisch enden kann
Denn die Rückblenden, in denen der junge Brite Wentworth Miller beeindruckend den jungen Coleman Silk darstellt, verlangen vom Zuschauer hohe Konzentration. Der kürzlich verstorbene Kameramann Jean Yves Escoffier, dem der Film auch gewidmet ist, hat die Tragödie eines Mannes, der seine Herkunft verleugnet, in vielen atmosphärisch dichten Großaufnahmen im Cinemascope-Format auf die Leinwand gebracht. Die Dialoge sind ausgefeilt und geistvoll, die Musik von Rachel Portmann unaufdringlich.
Benton, dem vor vielen Jahre mit dem Scheidungsdrama "Kramer gegen Kramer" ein sehr populärer Kinohit gelang, zeigt dieses Mal ein Kammerspiel, das nur tragisch enden kann. Wer den Roman gelesen hat, wird viele Feinheiten des großen Autors Philip Roth vermissen. Wer ihn nicht gelesen hat, begegnet jedenfalls einem ungewöhnlichen Gelehrtenschicksal, dem Hopkins jene Unverwechselbarkeit auf der Leinwand verleiht, die dieser Schauspieler all seinen Figuren schenkt. "Der menschliche Makel" ist kein ganz großer Wurf, aber Kino, das anspruchsvollere Besucher ansprechen wird.