Anzeige
Anzeige

Wie in der Serie "Selling the OC" Geheime Sexzimmer, streitende Papageien und 24 Ferraris: Ein Luxusmakler erzählt aus seinem Alltag

Szene aus "Selling Sunset"
Serien wie "Selling Sunset" und "Selling the OC" zeigen das Leben von Luxusmaklern
© Mitchell Haaseth/Netflix © 2022
In der Netflix-Serie "Selling the OC" werden Luxusimmobilien im Orange County in Kalifornien verkauft. Der deutsche Luxusmakler Benjamin Dau erzählt im stern-Interview, wie realistisch die Serie ist, welche besonderen Kundenwünsche er schon erfüllt hat und ob er auch gerne ins Fernsehen würde. 

Benjamin Dau, 35, ist Luxusmakler. Er arbeitet auf dem deutschen Markt und auf Mallorca und hat seine Immobilien schon an bekannte Sport- und Musikgrößen verkauft. Im Interview mit dem stern verrät er Details aus seinem Berufsalltag – und ob es genauso spannend ist wie in den erfolgreichen Netflix-Serien "Selling Sunset" und "Selling the OC".

Herr Dau, könnte man über Sie und Ihre Arbeit auch eine TV-Show machen?
Benjamin Dau: Ja, auf jeden Fall. Immer dann, wenn es um Immobilien geht, kann man das machen. Für andere ist es sehr interessant, in fremde Immobilien reinzuschauen und zu sehen: Wie wohnen die Leute da? Fühlt man sich da wohl? Wie ticken diese Menschen? Ich nenne es gern das "Instagram-Syndrom". Wir vermarkten hochexklusive Immobilen, zuletzt etwa eine Villa in Bremen für über fünf Millionen Euro. Da reinzuschauen, ist was Besonderes. 

Luxusmakler Benjamin Dau
Luxusmakler Benjamin Dau, der von seinen Kunden gern "Benni" genannt wird.
© Mayer & Dau Immobilien GmbH / Fatih Kocak.

Möchten Sie denn auch ins Fernsehen?
Doch, wir leben schließlich vom Marketing. Wir würden gern den Leuten tolle Immobilien zeigen wollen, aber auch den echten Immobilienmarkt, es wäre aber weniger Drama als bei "Selling the OC". Eher wie bei "Mieten.kaufen.wohnen". Schade übrigens, dass das Format 2016 abgesetzt wurde. An "Selling the OC" sieht man doch, wie spannend das für die Leute ist. Es darf nur nicht zu fachspezifisch sein. Die eigentliche Arbeit ist nämlich viel langweiliger. Nicht so viel Drama. Immer noch gilt: Lage, Lage, Lage ist am wichtigsten. Für durchschnittliche Kunden geht es aber aktuell auch um viel "langweiligere" Themen wie um die Gebäudesubstanz, um steigende Energiekosten und Schallschutz. Das gibt es in der US-Serie nicht.

Aber in Kalifornien ist es ja auch wärmer als hier, da gibt es fast keine Minusgrade. Welche Unterschiede gibt es noch zu den USA?
Das stimmt natürlich. Ich war auch schon in Amerika und da ist es in einigen Teilen Floridas so, dass es abgegrenzte Bereiche, sogenannte Gated Communities, gibt. Dort arbeiten dann Pförtner und in diesen Wohnanlagen leben nur ausgesuchte Menschen und nicht jeder kann dorthin gelangen.

Haben Sie aus der amerikanischen Serie denn etwas für Ihre Arbeit lernen können?
Ich finde die Serie marketingtechnisch spannend. Schon allein, wie dort Besichtigungen inszeniert werden. Das Präsentieren der Immobilien wird ganz anders gelebt. Ich schau mir schon gern ein paar Folgen an, spule aber vor, wenn es zu viel Drama im Team gibt.
Vor zwei Jahren habe ich eine Home-Staging-Sparte in der Firma eingeführt. (Anmerkung: Home Staging meint das professionelle Dekorieren und Einrichten von Immobilien zu Verkaufszwecken.) Wir haben ein ganzes Lager voller Pappmöbel, die täuschend echt aussehen, und eine Immobilie mit einfachem Aufwand schöner gestalten. Dabei sind auch viele Dekoblumen oder ein Boxspringbett aus Pappe. Das sieht so echt aus, das wir immer einen Zettel ranmachen müssen: Bitte nicht drauflegen. Es geht darum, Emotionen zu wecken. Wir können noch viel vom amerikanischen Markt lernen. 

Welche exklusiven Objekte haben Sie bereits vermittelt?
In dem Bereich gilt tatsächlich: Man kann sich alles das vorstellen, was man aus dem Fernsehen kennt. Und es gibt nichts, was man sich nicht vorstellen kann. Alles ist möglich. Im Bremer Bereich habe ich gerade eine Immobilie vermittelt, da konnte man vom Obergeschoss über eine Wendeltreppe in den Pool rutschen. Wie im Freizeitpark. Es war ein Innenpool im Kellerbereich.

Das klingt ausgefallen. Welche besonderen Objekte und Geschichten sind Ihnen noch in Erinnerung?
Ich muss sagen, es gibt sie wirklich: die dunklen Zimmer aus "50 Shades of Grey". Bei denen denke ich mir: Hier kann ich keine Fotos machen. Oder: Das wird schwierig zu vermarkten. Aber es gibt immer den passenden Deckel dafür. Ein Kunde hat auch ein Haus für sich und seine 15 Papageien gefunden. Jeder Papagei hat quasi ein eigenes Zimmer. Und manche Papageien haben sich nicht vertragen, die brauchten dann getrennte und klar abgegrenzte Zimmer. 700qm Wohnfläche für die. Und neben dem Haupthaus noch ein Personalhaus für die Papageienpfleger, auch nochmal 400qm. Der liebste Papagei hieß Charlie und war immer in seiner Nähe. Bei den Besichtigungen war Charlie auch dabei und saß auf seiner Schulter. Er hat oft gesagt: "Heute ist das Wetter gut".

Und haben Sie etwas gesehen, was auch für Sie ein Traum wäre?
Etwas, das ich ziemlich cool fand, war im Haus eines Fußballprofis: Dort gab es zwei Räume, jeweils 80qm groß und mit je einem Vierersofa ausgestattet. Dazu je eine Playstation und eine Musikanlage, die man nicht mal in normalen Discotheken finden dürfte. Die beiden spielen die Fifa-Games so auf einem ganz anderen Level. 

Gab es auch schon Wünsche, die Sie nicht erfüllen konnten?
Ein Kunde aus dem Sportbereich ist nach London gezogen. Sein größtes Problem war, seine 24 Autos mitzunehmen. Es waren vor allem Ferraris und er konnte sich nicht entscheiden, welches er hier lassen sollte. In der Londoner Innenstadt so etwas Großes zu finden, war uns von hier aus nicht möglich. Apropos Autos: Was ich fast schon als Trend bezeichnen würde, ist, dass teure Autos auch gern mal mit im Wohnzimmer stehen und nur durch eine Glasscheibe vom Wohnraum abgetrennt sind. 

Wie sind diese superreichen Kunden denn privat? Hatten Sie schon mal Berührungsängste?
Am Anfang war es immer was ganz Besonderes. Aber dann hatte ich ein Schlüsselerlebnis. Jemand kam zu mir und meinte: Hey, ich bin ganz normal. Behandle mich ganz normal wie jeden anderen Kunden auch oder ich bin weg. Meine Kunden sind Schauspieler, Politiker, Musiker oder auch Geschäftsleute aus der Ölindustrie. Die haben einen engen Terminplan und so müssen die Besichtigungen durchorganisiert werden. Wie bei "Selling the OC" werden sie auch von uns abgeholt und wir planen auch Mittagessen. Diesen Superreichen ist es superwichtig, dass ihre Freiheit gewahrt bleibt und nicht rauskommt, wer das Haus jetzt gekauft hat. Es sollen nicht jeden Tag Paparazzi vor der Tür stehen. Und natürlich ist Einbruch ein großes Risiko in diesen Kategorien. 

An welchen ungewöhnlichen Orten haben Sie schon Immobilien verkauft?
Wir treffen uns in Hotels, Bars, gehen was essen. Es geht darum, wie viel Vertrauen sie uns schenken. Man sollte zum Beispiel nicht bei Instagram posten, dass wir gerade zusammen was essen sind. Denn die Kunden kommen immer wieder. Meistens kaufen sie mehrere Häuser oder Wohnungen. Ein Kunde von mir kauft pro Jahr um die 20 Wohnungen. Es ist eine Käuferschicht, die sich den Makler besonders aussucht. Es geht um eine persönlichere Bindung.
Einmal war ich einkaufen mit einer reichen Dame. Nach gefühlt 300 Shops und 5 Stunden Shopping saßen wir bei Dior in der Boutique auf zwei Rundhockern. Auf dem Tablet habe ich ihr Bilder einer Berliner Wohnung gezeigt und sie hat gesagt: Benni, ich vertrau dir und kaufe. Ohne die Wohnung vorher je betreten zu haben. Und der Vertrag wurde auch tatsächlich unterschrieben. Man ist per du in der Szene. Ich bin immer Benni, mein Benni. Eine ältere Dame und ein älterer Herr, sehr wohlhabend, kneifen mich immer in die Wange, wenn wir uns sehen und sie mal wieder investieren wollen.

Welches Smalltalk-Thema geht immer?
Kinder. Wenns um die eigenen Kinder geht, erzählen eigentlich alle immer gern und viel: ob superreich oder superarm: Kinder sind für alle das größte, meiner Erfahrung nach. Auch wenn es natürlich bei jedem etwas anders läuft. Die Dame aus dem Dior-Shop hat zum Beispiel Nannys.

Wohnen Sie denn selbst auch exklusiv?
Ich wohne für mich selbst sehr gut und habe ein großes Tor an der Einfahrt. Das Tor war für mich sehr wichtig. Wenn es zufällt, habe ich die Exklusivität des abgeschlossenen Bereiches. Ich würde schon sagen, für meine Region wohne ich exklusiv. Aber für die Leute, denen ich Immobilien verkaufe, ist das höchstens eine sogenannte "Oldenburger Hundehütte".

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel