Die Annahme, dass Komiker immer und überall lustige Zeitgenossen seien, ist blanker Unsinn. Das stimmt wahrscheinlich nicht mal bei Mario Barth. Große Künstler des Lachens tun allerdings nicht mal so, als würde ihnen das Leben Spaß machen. Auch nicht Christian Clavier, der französische Superstar, der spätestens seit dem Kassenhit "Monsieur Claude und seine Töchter" auch hierzulande bekannt ist. Knapp 3,8 Millionen Menschen haben die Komödie über den Rassisten in uns allen in Deutschland schon gesehen - und sie läuft noch immer. Aber Clavier legt bereits nach.
Mit "Nur eine Stunde Ruhe". Darin ist er allerdings schon wieder Monsieur Claude: ein unverschämt reicher, selbstverliebter Popanz, der seine Ruhe, aber trotzdem auch geliebt werden will. Nicht ganz so süßlich wie "Monsieur Claude und seine Töchter", aber das gleiche Chaos, dass der Super-Egoist auf sich zieht.

Clavier sitzt in einem Berliner Hotel, etwas genervt, weil er gerade fotografiert wurde, obwohl er das nicht wollte, und will diesen Job offensichtlich so schnell wie möglich hinter sich bringen. Es ist tatsächlich so, als hörte man eine Uhr in ihm ticken. Die braucht er aber auch, denn Komik ist Timing. Deshalb ist Comedy eine Kunst, die höchste Konzentration erfordert. Und mit Konzentration kennt Clavier sich aus. Auf die Plätze, fertig, los.
Monsieur Clavier, wie verhindert man, in lustigen Szenen beim Dreh loszulachen?
Wenn man wirklich im Charakter ist, den man spielt, ist es ja gar nicht lustig. Die Person lacht nicht. Wenn man sich also richtig auf die Rolle konzentriert, muss man nicht lachen. Aber manchmal sieht man sich natürlich selbst. (Die braunen Augen dürfen kurz strahlen)
In Ihrer beeindruckenden Karriere, die vier Jahrzehnte umspannt, hat sich Ihr Lachen da je verändert?
Nein, das Lachen ist etwas Natürliches. Das Lachen ist dazu da, um der alltäglichen Routine zu entfliehen. Weil der Alltag manchmal gar nicht witzig ist. Das hat sich nicht verändert. Im Gegenteil, ich habe mehr Lust zu lachen. Aber ich lache über die gleichen Dinge wie mit 15.
Gibt es Augenblicke, in denen Sie Ihr Lachen überdenken? Nach den "Charlie Hebdo"-Attentaten zum Beispiel?
Das ist doch etwas ganz anderes. Das ist ein Terrorismus-Problem. Das hat überhaupt nichts mit dem Lachen zu tun. Ganz offensichtlich sind das Menschen, die völlig intolerant sind und die Angst haben zu lachen. Aber das gab es schon immer. In diesem Fall sind diese Menschen unglaublich gewalttätig, aber das ändert das Lachen nicht. Ich habe keine Angst zu lachen, und ich glaube nicht, dass die Franzosen Angst haben zu lachen. Die haben sich nach den Attentaten mobilisiert, und so wird es weitergehen. Natürlich ist die politische Karikatur heute schwieriger als sie es vor "Charlie Hebdo" war, aber das Lachen ist nie vergangen.
Christian Clavier
Schon in den 1970ern hat Clavier mit ehemaligen Schulkameraden die Comedy-Truppe Le Splendid gegründet. Die wurde in Frankreich bald mit den Kalauerfilmen "Les Bronzés" zum Kult. International bekannt wurde Clavier mit der Zeitreisekomödie "Die Besucher" (mit Jean Reno), als Asterix in den ersten beiden Realverfilmungen des Comic-Klassikers und in der Rolle des Napoléon in der gleichnamigen TV-Miniserie, in der auch Alexandra Maria Lara und Heino Ferch zu sehen waren. 2011 hat er erstmals Regie geführt, und natürlich war "Zum Glück bleibt es in der Familie" eine Komödie. Fragt man den 62-Jährigen nach den größten Comedians unserer Zeit, benennt er Charlie Chaplin und Peter Sellers.
Glauben Sie, man muss lauter lachen, wenn die Zeiten schlecht sind?
Man kann. Es gibt kein "Man muss", wenn es ums Lachen geht. Man lacht oder man lacht nicht. Deshalb wird das Lachen auch immer bleiben. Man kann es nicht unterdrücken. Zum Menschsein gehört die Fähigkeit zu lachen - über das Unglück wie über das Glück.
Was halten Sie von dem Satz: Wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach Limonade daraus?
Ja, mit dem arbeiten, was man hat... Vor dem Spott, vor dem Humor bedeutet das Lachen vor allem eine Eleganz des Lebens. Über sich selbst lachen zu können, das ist das Wichtigste.
Konnten Sie schon immer über sich selbst lachen?
Je älter ich werde, desto weniger Dinge sind amüsant. Aber es ist unheimlich wichtig, das Lachen über sich selbst zu behalten. Lachen ist nur gut, wenn es bei einem selbst anfängt. Wenn man über sich selbst spotten kann, kann man auch akzeptieren, dass andere über einen lachen.
Was sagen Sie jemandem, der nicht über sich selbst lachen kann.
Dass er blockiert ist, und dass er deshalb sehr unglücklich werden wird.