Dellings erste "Tagesthemen" Vorwitz bleib drin

Von Niels Kruse
Es heißt, er werde Nachfolger von Ulrich Wickert. Probehalber moderiert Gerhard Delling diese Woche schon mal die "Tagesthemen", bewährt sich auch - aber lächelt leider falsch.

Wenn Gerhard Delling vor die Kameras tritt, vermittelt er oft den Eindruck, er besitze die Fähigkeit, sich selbst in Echtzeit zu kommentieren. In seinem Gesicht macht sich dann dieses Lächeln breit, Ausdruck eines Gedanken, der vielleicht so gehen könnte: Achtung, zu dem, was ich hier gerade sage, braut sich in mir ein Superwitz zusammen, und der kommt jeden Moment heraus. Ich lach schon mal. Dieser Vorwitz hat ihm und Günter Netzer immerhin einen Grimme-Preis beschert. Und genauso vorwitzig schaute Gerhard Delling auch bei seiner ersten "Tagesthemen"-Sendung am Montagabend drein.

Eine Woche lang vertritt der in der Nachrichtenpräsentation eher unbeleckte Delling die urlaubende Anne Will. Deren Stamm-Ersatz Susanne Holst wiederum ist gerade Mutter geworden, also haben sich die ARD-Oberen für den Sportmann mit dem Lausbuben-Lächeln entschieden. Gerüchten zufolge ist diese Woche ein Probelauf für den Hamburger und für das nächste Jahr. Dann geht Ulrich Wickert in Rente und muss ersetzt werden. Außer Delling gibt es noch andere Kandidaten, bei der ARD heißt es vielsagend: "Mit ihm haben wir einen erstklassigen Vertreter gewinnen können, der sich mit seiner großen Moderations- und Interviewerfahrung in die Reihe renommierter Präsentatoren unseres Flaggschiffes einreiht."

Harte Schule Fußballer-Interviews

Dass jemand "große Interview-Erfahrung" hat, der sich dauernd mit maulfaulen oder schwadronierenden Fußball-Profis herumschlagen muss, kann man voraussetzen. In seinem ersten Interview vor blauem "Tagesthemen"-Hintergrund befragte Delling Justizministerin Brigitte Zypries zum Thema europäischer Haftbefehl. Das tat er routiniert, ruhig und informiert, nordisch-besonnen eben. Und so ging das die ganze halbe Stunde. Ein paar Verhaspler waren dabei, nichts Schlimmes, das passiert auch Wickert und Will.

Bleibt die Sache mit den Witzen. Die blieben am Montag leider nicht alle in ihm drin. Ab Mitte der Sendung konnte sich Delling seine typischen Kalauer nicht länger verkneifen und mit ein paar Wortspielereien zuviel leitete er Themen ein oder zu Nachrichtensprecher Jens Riewa über. Daran müsste Herr Delling noch arbeiten, zumindest aber an seinem Gesichtsausdruck. Denn so viel Dellingscher Vorwitz wirkt dann leider doch etwas deplatziert.

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