Mit fast drei Millionen Euro ist der Deutsche Filmpreis die höchst dotierte Kulturauszeichnung des Landes. Da es Steuergelder sind, mit der die deutsche Kinokultur gefeiert und gefördert wird, könnte man als Dank doch eigentlich eine mitreißende Show erwarten, Begeisterung und auch ein bisschen Magie. Seltsamerweise verkommen Preisverleihungen in Deutschland aber meist zu Pflichtveranstaltungen.
Und so leidet auch Lola. Sei es wegen dem alljährlichen Gezicke unzufriedener Akademiemitglieder, der seltsamen Unvereinbarkeit zwischen Kunst und Kommerz oder einfach wegen eines Mangels an Esprit. Dabei wäre das 60. Jubiläum doch Grund genug für einen Neuanfang. Anzeichen gibt es zumindest.
Statt im zugigen Palais am Funkturm wird diesmal mitten in Berlin im Friedrichstadtpalast gefeiert. Mit Iris Berben und Bruno Ganz hat die Filmakademie neue Präsidenten. Und Berben hat bereits Leidenschaft und Selbstbewusstsein angekündigt. Eine neue Kategorie gibt es auch: Erstmals wird das beste Maskenbild ausgezeichnet. Und dann, wahrlich ein absolutes Novum, geht in diesem Jahr der Ehrenpreis an den ewig übergangenen Über-Produzenten Bernd Eichinger.
Kein Til Schweiger
Ob nun tatsächlich Schlipse gelockert, Fronten aufgegeben, und Profilneurosen hintangestellt werden, um einer großen Show für den deutschen Film Platz zu machen, der im vergangenen Jahr Rekorde eingefahren hat, bleibt abzuwarten. Sicher ist nur, dass die erfolgreichsten Filme mit Kleinkategorien abgespeist werden oder gar nicht erst mit dabei sind. Wortwörtlich "Keinohrküken", Til Schweiger ist mal wieder nicht existent. Und wenn Bully Herbig Glück hat, gibt es für den Kassenhit des Jahres, "Wickie und die starken Männer", einen Preis für den Ton oder das Szenenbild. In insgesamt 16 Kategorien wird die Arbeit der Filmschaffenden geehrt, wobei die Lola für den besten Spielfilm von Kanzlerin Angela Merkel überreicht werden soll.
Die könnte Michael Hanekes "Das weiße Band" gewinnen. Die strenge Meditation über den Ursprung des Faschismus geht mit 13 Nominierungen als Favorit ins Rennen. Ebenso ernsthaft und am Publikum teilweise schlicht vorbei gegangen sind die Konkurrenten: Maren Ades "Alle Anderen", Feo Aldags "Die Fremde" und Hans-Christian Schmidts "Sturm". Fatih Akins "Soul Kitchen" und Sherry Hormanns "Wüstenblume" sind dagegen Mainstream. Auf den Preis für die beste Schauspielleistung hoffen: Corinna Harfouch ("This is Love"), Sibel Kekilli ("Die Fremde"), Susanne Lothar ("Das weiße Band", Birgit Minichmayr ("Alle Anderen"), Fabian Hinrichs ("Schwerkraft"), Henry Hübchen ("Whisky mit Wodka"), Burghart Klaußner ("Das weiße Band") und schließlich Devid Striesow ("So glücklich war ich noch nie").
Barbara Schöneberger über der Kluft
Beim Themenangebot wird Moderatorin Barbara Schöneberger es schwer haben mit dem Witzereißen. Es geht um Krieg ("Sturm"), Misshandlung ("Wüstenblume", "Sturm", "Die Fremde") und Kinderprostitution ("This is Love"). Wichtige Filme, ohne Frage, doch noch weniger als im Vorjahr kommt es zur Liaison zwischen Kunst und Kommerz. Der Filmpreis bleibt ein Abbild der Kluft, die sich durchs deutsche Kino zieht - zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Kritikerlob und Zuschauerzahlen.
Rund 1800 Gäste sind am Freitagabend dabei, wenn die hochschwangere Schöneberger über dieser Kluft balancieren darf. Sie hat bereits die beiden letzten Verleihungen moderiert, mal charmant, mal bemüht, aber zuweilen offensichtlich auch einfach an spaßlosen Vorgaben scheiternd.
Die doppelte Schöneberger
Ein Problem, das die Nominierten erstmal weniger interessieren dürfte. Schließlich bedeutet der Listenplatz in der Kategorie bester Film für jeden Beitrag 250.000 Euro. Für den Gewinner gibt es den gleichen Betrag noch mal oben drauf. Das Geld muss in die Produktion neuer Filme fließen. Wer gewinnt, entscheiden die rund 1200 Mitglieder der 2003 gegründeten Akademie, die die Tradition des 1951 gegründeten Filmpreises fortsetzt.
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt: Vielleicht wird es ja ein Abend voller Leidenschaft und Selbstbewusstsein.
Die Gala wird am gleichen Abend zeitversetzt ab 21:45 Uhr in der ARD ausgestrahlt