Vielleicht traut man mir nach 'Hanami' mehr zu", meint Elmar Wepper. Seit Jahrzehnten ist er im Fernsehen vor allem als netter "Schwiegersohn-Typ" erfolgreich. Seine erste Kino-Hauptrolle spielte Wepper erst vor drei Jahren: In Doris Dörries Drama "Kirschblüten - Hanami" begeisterte er Kritiker und Publikum als Krebskranker, der seine Frau verliert.
Jetzt stand Wepper erneut als Hauptdarsteller eines Kinodramas vor der Kamera: In "Dreiviertelmond" spielt der 67-Jährige einen unglücklichen, von Selbstgerechtigkeit und Vorurteilen zerfressenen Taxifahrer, den ein 6-jähriges türkisches Mädchen aus der emotionalen Isolation holt. Und Wepper überzeugt wieder.

Ein Kind lockt den Nörgler aus der Reserve
"Natürlich freut es mich, dass in meinen späten Jahren das Rollenangebot interessanter geworden ist", sagt Wepper im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Der Nürnberger Taxifahrer Hartmut, den Wepper spielt, ist erstmal ein ziemlich unsympathischer Typ. Als er grantelnd die Türkin Gülen und ihre kleine Tochter Hayat (Mercan Türkoglu) vom Flughafen in die Stadt fährt, kann er sich einen fremdenfeindlichen Spruch nicht verkneifen. Und mehr als ungehalten reagiert er, als wenige Tage später nach einer Fahrt zu einem Krankenhaus plötzlich Hayat ganz allein auf ihn zustürmt und sich einfach auf die Rückbank seines Wagens setzt.
So schnell wie möglich will Hartmut das Kind wieder loswerden. Immerhin hat er eigene Probleme. Hartmuts Frau hat einen anderen Mann kennengelernt, ist ausgezogen und will ein neues Leben anfangen. "Er spricht immer davon, dass das nur eine Phase ist und dass sie schon wieder kommt", beschreibt Wepper den Charakter von Hartmut. "Er versteht nicht, warum sie ihn verlassen will. Sie hat doch alles: Das Haus und den Garten und die neue Küche mit den Soft-Close-Schubladen, da kann sie sich doch verwirklichen, meint er. Hartmut begreift aber nicht, dass es darum gar nicht geht."
Und jetzt auch noch die Probleme mit Hayat. Als Hartmut herausfindet, dass die Mutter des Mädchens auf einem Kreuzfahrtschiff arbeitet und die Oma, die eigentlich auf Hayat aufpassen sollte, im Krankenhaus liegt, ist er zunächst ratlos. Nur widerwillig nimmt er die kein Wort Deutsch sprechende Kleine mit zu sich nach Hause. Dort soll das Kind am besten nichts anrühren und nicht weiter auffallen. Doch ganz langsam freunden sich Hartmut und Hayat an.
Kein klassisches Happy End
"Es ist schauspielerisch durchaus reizvoll, wenn man sich an einer Figur reibt und nicht so einfach in sie hineinschlüpfen kann", sagt Wepper über seine Rolle. "Ich sehe diesen Hartmut als einen zutiefst unglücklichen Menschen. Jemanden, der an sich selbst und an der Welt verzweifelt und, um sich zu schützen, in eine menschenverachtende, selbstgerechte Art flüchtet."
Am Ende hat Hartmut gelernt, sein Herz ein wenig zu öffnen und seinen Horizont zu erweitern. Regisseur Christian Zübert ("Die rote Zora", "Lammbock") schafft es, die Geschichte so witzig und anrührend zu erzählen, dass jede Rührseligkeit auf der Strecke bleibt. Ein klassisches Happy End bietet er aber nicht - und das ist gut.