Frau Schöneberger, bei Ihrer ersten Begegnung mit Herrn Pocher hat er Ihnen an die Brüste gefasst …
Schöneberger: … ich hatte ihn dazu aufgefordert! Aber es ist mir sehr recht, dass dieser Vorfall schon zehn Jahre zurückliegt - so hat er meine Brüste in Erinnerung, wie sie damals waren.
Pocher: Das war in deiner Sendung "Blondes Gift". Einer meiner schönsten TV-Momente.
Schöneberger: Der Ursprung deiner Karriere! Man möchte nicht wissen, wo du wärst, wenn du damals nicht zugegriffen hättest.
Pocher: Du möchtest auch nicht wissen, was ich seitdem noch alles angefasst habe …
Sie haben gerade die Echo-Verleihung moderiert. Die Musikbranche kränkelt seit Jahren. Das Jahr 2007 bescherte einen Umsatzrückgang von 3,2 Prozent.
Pocher: Aber auch steigende Download- Zahlen und einen Run auf Konzerttickets. Man muss ganz ehrlich sagen, früher gab es so viele unfähige Leute in der Branche, das hab ich selber miterlebt. Da wurden Schrott-Videos für 30.000 Euro gedreht, hundert Journalisten und PR-Leute zur Präsentation nach sonst wohin geflogen, und obendrauf gab's für jeden eine Lederjacke. Da wurde ein unglaublich verschwenderischer Stil gepflegt.
Schöneberger: Beim Fernsehen gab es ja auch mal paradiesische Zustände, alles cool, alles easy, für jeden Job drei Leute. Und mit dem Moment, als ich richtig reinkam, Anfang 2000, ging es immer weiter bergab. Ich habe da aber nie einen Zusammenhang gesehen. Früher hat man gesagt, wir treffen uns am Montag zum Kennenlernen, Dienstag machen wir eine Besprechung, Mittwoch Kostümprobe, Donnerstag und Freitag Aufzeichnung. Jetzt trifft man sich erst am Donnerstag, jeder bringt seine eigenen Klamotten mit, freitags ist Stellprobe, Generalprobe und abends die Aufzeichnung. Weil halt keine Kohle mehr da ist.
Besonders schlimm hat es Sat 1 erwischt.
Schöneberger: Die ziehen ja jetzt von Berlin nach München, weil sie hoffen, dass ihnen dadurch ein paar Hundert Mitarbeiter verloren gehen, die den Umzug nicht mitmachen wollen.
Pocher: Und was machen sie, wenn die doch mitkommen? Wohin ziehen sie dann?
Schöneberger: Wiesbaden. Oder Bad Oeynhausen.
Pocher: Oh Gott, oh Gott.
Wenn Sie die Zeitung aufschlagen, und überall steht "Weltwirtschaftskrise", macht Ihnen das Angst?
Pocher:
Ich bin kein Freund des Schwarzmalens, ich versuche, auch in der Krise eine Chance zu sehen. Was wir erleben, ist eine gesunde Bereinigung des Marktes. Leute, die es einfach nicht verdient haben, verkacken jetzt. Wenn Menschen irgendwelche Aktienpakete gekauft haben und jetzt merken, dass die eigentlich gar nix wert sind, ist das halt Pech. Warum sollte der Staat da eingreifen?
Offenbar gibt es in Ihrem Freundeskreis niemanden, der seinen Job verloren hat.
Pocher:
Bei mir scheitert es schon am Wort "Freundeskreis".
Schöneberger:
Meine Freunde sind Musiker, Schauspieler, Künstler, die frei arbeiten und sich von Projekt zu Projekt hangeln. Ich kenne kaum jemanden, der morgens ganz normal zur Arbeit geht.
Frau Schöneberger, Sie haben mal gesagt: "In der Fernsehbranche wird zu viel Geld verdient für zu wenig Arbeit."
Schöneberger:
Hab ich das? Damals war ich wahrscheinlich noch überbezahlt. Das hat sich inzwischen eingependelt.
Empfinden Sie das wirklich so: Es gibt für zu wenig Arbeit zu viel Geld?
Schöneberger:
Beim Fernsehen verdient man ja eher wenig, verdienen tut man ja vor allem mithilfe des Fernsehens, außerhalb des Fernsehens. Zwischendurch muss man dann auch Sachen machen, die nicht nur Spaß machen, sondern richtig fordern, auch körperlich. Ich habe zum Beispiel auf der Cebit moderiert, alle halbe Stunde eine Show, neun Tage lang.
Pocher:
Deswegen habe ich diese Anfrage auch abgelehnt.
Schöneberger:
Und wenn ich von jemandem gebucht werde, ein Vorstandsmeeting zu moderieren oder ein Vertriebspartnermeeting oder sonst irgendwas, dann möchte ich den Job so gut machen, wie es geht. Dann habe ich mir das Geld auch verdient.
Was kostet das Duo Schöneberger-Pocher? Für ein Betriebsfest?
Schöneberger: Keine Ahnung. Ich weiß nicht, wie viel Herr Pocher verlangt.
Pocher: Kommt darauf an, was ich machen muss, wie lange, welche Firma.
Schämen Sie sich für Ihr Geld?
Schöneberger:
Nein.
Pocher:
Nö, warum?
Über Geld redet man nicht, man hat es?
Pocher:
Wenn man in jungen Jahren viel Geld hat, ist das in Deutschland schon mal verdächtig. Bei einer Polizeikontrolle kann ich drauf wetten, dass ich mit meinem weißen Q7 rausgewunken werde, könnte ja sein, dass ich noch drei Kilo Koks im Hintern habe oder sonst irgendwas Krummes gedreht habe. Wir leben in einer Neidgesellschaft. Das siehst du doch jeden Tag in "Bild": "So viel verdient Ribéry", und "Wir decken auf: Das verdient Ihr Chef ".
Lesen Sie auf der nächsten Seite über Pochers Abschied von Harald Schmidt und Barbara Schönebergers schlimmsten Job.
Angst vor der Schlagzeile: "So viel verdient Pocher"?
Pocher: Ich kenne bei "Bild" die richtigen Leute.
Schöneberger: Echt? Die kenne ich leider noch nicht.
Wie haben Sie Ihr Geld angelegt?
Schöneberger:
Ich hab es in die Hände von Menschen gegeben, die etwas davon verstehen. Neulich hab ich mal angerufen, um zu prüfen, ob da überhaupt noch jemand sitzt. Ich war beruhigt, das Büro existiert noch.
Pocher:
Ich hab einen Prämiensparvertrag, einen gemischten Fonds und ein paar Immobilien.
Beruhigt Sie Ihr Kontostand?
Pocher:
Meine Eltern beruhigt er mehr als mich.
Wer kümmert sich um Ihr Geld?
Pocher:
Mein Vater.
Schöneberger:
Ehrlich?
Pocher:
Ernsthaft.
Schöneberger:
Oje, ich weiß nicht mal, ob mein Vater eine EC-Karte hat.
Pocher:
Meiner ist Finanzbuchhalter, er schreibt für mich die Rechnungen, er hat immer ein Auge drauf, dass zeitnah bezahlt wird.
Schöneberger:
Meine Mutter hat mir zwei wichtige Ratschläge fürs Leben gegeben: "Mach dich nicht abhängig von einem Mann" und "Leg dir was auf die Seite". Letzteres habe ich auch beherzigt.
Wurde zu Hause aufs Geld geachtet?
Schöneberger: Meine Eltern hatten genug, um sich alles leisten zu können, was sie sich vorgestellt haben. Ein Haus, einmal im Jahr ein ganz normaler Urlaub, aber es war kein ausschweifendes Leben mit Markenklamotten oder Luxusreisen.
Pocher: Wir hatten zwei Urlaube im Jahr, dafür kein Haus. Schon mit 13 habe ich mein eigenes Geld verdient. Ich hab im Keller gearbeitet.
Schöneberger: Im Keller?
Pocher: Ich hab da Computerspiele nach Viren gescannt für einen Spieleverleih. Gab zehn Mark die Stunde.
Schöneberger: Ich hab im Kaufhaus Ludwig Beck am Münchner Marienplatz Knöpfe und Reißverschlüsse verkauft. Gab zwölffünfzig. Ich bin auch mal als Kolumbus verkleidet auf einer Farbenmesse in Köln rumgelaufen, mein Werbespruch: "Christopher Kolumbus entdeckte Amerika, Remmers entdeckt für Sie neue Arbeitsfelder. Remmers jetzt auch für Kellersanierung." Heute frag ich mich, wie ich das überlebt hab. Ich war der einsamste Mensch von ganz Köln.
Es gibt keine Größe ohne Größenwahn. Wie oft googeln Sie sich selbst?
Schöneberger:
Permanent. Dabei stoße ich immer wieder auf dieselben idiotischen Treffer und rege mich kurz drüber auf, dass die Leute am Dienstag um 14.37 Uhr Zeit haben, sich über meine sexuellen Vorlieben oder über meine Nylonstrümpfe auszulassen.
Pocher:
Auf Wikipedia stehen oft auch falsche Sachen, und wenn man die Betreiber darauf hinweist, kriegt man zur Antwort: Das müssen Sie erst mal beweisen. Ich sag dann, ihr kriegt eure Beweise! Nehmt das sofort von der Seite.
Waren Sie jemals an dem Punkt, wo Sie dachten: Das war's jetzt? Meine Fernsehkarriere ist am Ende?
Schöneberger:
Noch nicht vorgekommen. Wenn ich das Gefühl hätte, mich will keiner mehr sehen, würde ich einen Blumenladen aufmachen.
Pocher:
Im Fernsehen laufen so viele Hackfressen rum, da wird es für mich immer ein Plätzchen geben.
Sie haben jetzt ja auch einen Dämpfer bekommen. Harald Schmidt macht ohne Sie weiter.
Pocher:
Wieso Dämpfer? Es war von vornherein klar, dass "Schmidt & Pocher" ein Projekt auf Zeit sein wird.
Aber weitergemacht hätten Sie schon gern.
Pocher:
Ich hätte es nicht ausgeschlossen, da ich mich mit Harald sehr gut verstehe.
Das sah oft anders aus. Als Sie sich auf Kosten einer norwegischen Sängerin amüsierten, beschimpfte Schmidt Sie als "kleine, miese Type".
Pocher:
Harald hat da halt einen Spruch rausgehauen.
Und Sie standen ziemlich bedröppelt da.
Pocher: Auch nicht richtig, auch nicht richtig.
Der Rundfunkrat des SWR forderte Ihre Absetzung, nachdem Sie bei "Schmidt & Pocher" mit einer Augenklappe Stauffenberg parodiert hatten. Haben Sie sich entschuldigt?
Pocher:
Ich muss mich bei niemandem entschuldigen. Wenn irgendjemand, der nicht weisungsbefugt ist, seine Meinung herausposaunt, interessiert mich das überhaupt nicht.
Jetzt gehen Sie zu RTL und machen eine Sendung mit Günther Jauch.
Pocher:
Ich habe einen Piloten mit Jauch gemacht. Ob daraus eine Sendung wird, kann ich noch nicht sagen.
Frau Schöneberger, wie traurig sind Sie über das Ende von "Schmidt & Pocher"?
Schöneberger:
Soll ich ganz ehrlich sein? Ich habe es, glaube ich, nur ein einziges Mal gesehen. Da fand ich's lustig. Bei mir ist leider das Problem: Sobald ich vorm Fernseher sitze, schlafe ich ein.