Was macht eigentlich ...? Einst stand er mit roter Birne auf der Bühne – heute singt Gunter Emmerlich am liebsten für seine Enkeltöchter

  • von Sabine Hoffmann
Gunther Emmerlich zu Hause in Loschwitz mit Sohn Johannes, Schwiegertochter Daniela und den Enkelinnen Mia und Luzie
Gunther Emmerlich zu Hause in Loschwitz mit Sohn Johannes, Schwiegertochter Daniela und den Enkelinnen Mia und Luzie
© Sven Döring / laif
Gunther Emmerlich stand auf den berühmtesten Opernbühnen der Welt, moderierte später Shows wie "Ein Kessel Buntes" und  "Zauberhafte Heimat". Heute dreht sich bei ihm alles um seine zehn Enkel.

Sie leben mit Sohn, Schwiegertochter und zwei kleinen Enkelinnen in einem Mehrgenerationenhaus in Dresden. Müssen Sie oft ran, um die Mädchen in den Schlaf zu singen?
Ja, Luzie ist drei und Mia Malina fünf Jahre alt. Wenn ich Zeit habe, gehe ich nach oben und singe oder lese ihnen vor – oft auf Bitten hin, manchmal auch aus freien Stücken. Meistens suchen sie sich ein extralanges Märchen aus, damit ich nicht so schnell fertig werde. Das mache ich aber sehr gerne. Es ist eine schöne großväterliche Aufgabe.

Als Opernsänger traten Sie früher weltweit auf. War schon in Ihrer Kindheit klar, dass Ihre Stimme außergewöhnlich ist?
Das sagten zumindest meine Musiklehrerinnen. Ich sang im Schulchor und sollte bei Aufführungen die solistischen Parts übernehmen. Das machte mir keinen Spaß, ich stand immer mit roter Birne vorne. Meine Freunde fanden es auch doof. Wer in dem Alter schon Sänger werden will, ist von einer ehrgeizigen Mutter getrieben.

Emmerlich, Gunther *18.09.1944-
Saenger, Moderator, DDR 

- mit dem Schriftsteller Hans-Georg Stengel (l.) in seiner Sendung des Fernsehens der DDR 'Showkolade'

- 10.10.1988
© ullstein bild

Gunther Emmerlich, 1944 im thüringischen Eisenberg geboren, gehörte von 1972 bis 1992 zum Ensemble der Dresdner Semperoper. Als Gastgeber der TV-Sendung "Showkolade" wurde er in der DDR bekannt. Nach der Wende moderierte er Shows wie "Zauberhafte Heimat" (1993 bis 2006) und Galas wie den "Semper Opernball" (2006 bis 2015). Zudem trat er weltweit mit Orchestern auf, etwa in der New Yorker Carnegie Hall. Emmerlich und seine Frau trennten sich, ehe sie verstarb.

Sie studierten zunächst an der Ingenieurschule für Bauwesen in Erfurt. Wie wurden Sie Opernsänger?
Nebenbei machte ich immer Musik, spielte Gitarre und sang in einer Band. Ein alter Freund, der in Weimar gerade seine Ausbildung an der Hochschule für Musik beendet hatte, riet mir, dort vorzusingen. Das tat ich dann auch, und man meinte, meine Stimme würde zu größeren Hoffnungen berechtigen. Nach meinem Abschluss bekam ich sofort ein Engagement an der Dresdner Staatsoper.

Später wurden Sie in der DDR als Moderator von Sendungen wie "Ein Kessel Buntes" oder "Showkolade" zum Star. Welche Annehmlichkeiten wurden Ihnen dadurch zuteil?
Als ich mein Haus in Dresden kaufte, war es eine Ruine. Damals bekam man in der DDR weder Handwerker noch Baumaterialien. Um es renovieren zu können, sang ich bei Tischlern oder Maurern. Ich hatte auch Karten für die Semperoper. Die waren sehr begehrt. Das war ebenfalls eine gute Möglichkeit, einen Handwerker zu bekommen.

Nach der Wende ging Ihre Karriere nahtlos weiter: Sie moderierten TV-Formate wie "Zauberhafte Heimat" oder "Die Krone der Volksmusik". Welchen Luxus genossen Sie besonders?
Eine große Reederei wurde auf mich aufmerksam, weil ich Opernarien genauso singen kann wie Kunstlieder, Musicalsongs oder Jazzstücke. Dieses breite Repertoire war ein großer Vorteil. Dadurch konnte ich die unterschiedlichsten Programme demselben Publikum präsentieren. So bekam ich Engagements auf den schönsten Kreuzfahrtschiffen, reiste um die Welt und durfte sogar meine Familie mitnehmen.

Heute sieht man Sie kaum noch im Fernsehen. Haben Sie die Freude am Nichtstun entdeckt?
Ja, ich mache gerne nichts, aber nicht lange. Mein Beruf ist mein Hobby. Das ist das Erfreulichste, was einem Menschen passieren kann. Nach wie vor habe ich mindestens zehn Veranstaltungen im Monat mit den unterschiedlichsten Programmen, von Kirchenkonzerten über Swing bis hin zu Lesungen. Ich schreibe an meinem fünften Buch und versuche viel Zeit mit meinen zehn Enkeln zu verbringen. Seit Kurzem bin ich auch Urgroßvater von Zwillingen. Ihre Geburt ist schon jetzt das schönste Erlebnis im ganzen Jahr.

Sämtliche Folgen der Reihe "Was macht eigentlich ...?" finden Sie hier

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