Dänemark Künstler bekommt für Werke 74.000 Euro geliehen – und liefert leere Bilderrahmen ab

Eine Frau schaut auf ein leeres, weißes Bild im Kunsten Museum in Aalborg
Wie Sie sehen, sehen Sie nichts: Eigentlich sollten hier viele Geldscheine hängen. Doch der Künstler Jens Haaning hat das vom Museum geliehene Geld behalten – und dafür dieses leere Bild geliefert.
© Henning Bagger/ / Picture Alliance
Der dänische Künstler Jens Haaning sollte einem Museum in Aalborg zwei Kunstwerke anfertigen und bekam dafür umgerechnet 74.000 Euro von dem Museum geliehen. Doch das Museum bekam nur zwei leere Bilderrahmen. Haaning nennt das Kunst. Das Museum will aber sein Geld zurück.

Ist das Kunst? Oder kann das weg? In einem Fall aus Dänemark wäre die bessere Frage wohl: Ist das weg? Hintergrund: Das Museum Kunsten in Aalborg hatte dem dänischen Konzeptkünstler Jens Haaning rund 550.000 dänische Kronen – knapp 74.000 Euro – für zwei Kunstwerke geliehen. Statt den Bildern kamen nur leere Bilderrahmen. Das Geld war futsch und Haaning nennt das Ganze Kunst.

Klingt ziemlich verrückt. Ist es auch. Der Plan des Museums in der norddänischen Stadt war eigentlich, dass Haaning mit dem Geld zwei Bilderrahmen für die Ausstellung "Work it Out" anfertigen sollte, die mit Geld aufgefüllt werden sollten. Die Geldsumme auf den Werken sollte den österreichischen und den dänischen Durchschnitts-Jahreslohn darstellen. So heißen die Werke auch: "Ein durchschnittliches österreichisches Jahreseinkommen" stammt aus dem Jahr 2007; "Ein durchschnittliches dänisches Jahreseinkommen" stammt aus dem Jahr 2010, sollte aber eine aktuellere Version bekommen.

Statt Geld nur weiße Bilder

"Die Arbeiten veranschaulichen, wie ein Jahreseinkommen tatsächlich physisch entfaltet aussieht", so das Museum. "Dabei verweist der Künstler sowohl auf das Gehalt als Instrument zur Wertmessung des Werkes als auch auf nationale Unterschiede innerhalb der EU. Erscheint Geld überwältigend, wenn der volle Lohn als physisches Format wahrgenommen wird oder umgekehrt? Seite an Seite werden die Geldscheine ordentlich montiert und als klassisches Kunstwerk in Glas und Rahmen präsentiert. Cool Cash und coole Ästhetik."

Doch von Cash und Ästhetik fehlte dann aber jede Spur. Als Mitarbeiter die Werke auspackten, fanden sie nur zwei leere Bilderrahmen, wie der dänische Lokalsender TV Nord berichtete. In einer Mail schrieb Haaning ans Museum: "Ich habe mich entschieden, eine neue Arbeit für die Ausstellung zu machen, anstatt die beiden 14 bzw. 11 Jahre alten Werke zu zeigen. Die Arbeit basiert auf / reagiert sowohl auf Ihr Ausstellungskonzept als auch auf die Werke, die wir ursprünglich ausstellen wollten. Der Titel der Arbeit lautet: Take the money and run (ein durchschnittliches österreichisches Einkommen, 2007 und ein durchschnittliches dänisches Jahreseinkommen, 2010), 2021'."

Dem Radiosender P1 sagte Haaning am Samstag, dass er das Geld genommen habe, sei das Kunstwerk. Was er mit dem Geld gemacht hat und wo es sich befindet, dazu kaum ein Wort. Es sei ein "unbedeutendes Detail". Vielleicht sei es auf einer Bank, vielleicht im Wald vergraben. Die Botschaft seines Werkes sei "Arbeitsstrukturen zu reflektieren und auch Regeln zu brechen".

Museum erkennt die Kunst – will aber das Geld wieder

Das Kunsten Museum findet das allerdings weniger witzig und unterstreicht, dass es sich um keinen Medienstunt, kein Happening handelt. "Es hat uns überrascht. Als Museum ist es nicht unsere Aufgabe, einen medialen Stunt zu machen. Wir denken immer darüber nach, wie wir gute Geschichten machen können, aber in diesem Fall ist es ein Künstler, der ziemlich aktivistisch ist. Aber es ist anders gekommen, als wir es uns vorgestellt hatten", sagte Museumsdirektor Lasse Andersson.

Das Anregende und sogar Witzige sehe er aber darin: Nämlich, dass Haanings Werk das Thema Arbeitstugenden und den Wert des Geldes, das die Ausstellung thematisiert, in einem anderen Licht beleuchte.

Zum Lachen findet Andersson das trotzdem nicht: "Wir haben das Geld vor einiger Zeit auf Jens' Konto überwiesen. Jens sagt jetzt, dass es eine Bezahlung für eine Arbeit ist, die er gemacht hat. Es ist nicht Bestandteil der Vereinbarung. Er hat ein Honorar bekommen", erklärt Andersson der Zeitung "Jyllands-Posten" und weist darauf hin, dass die ursprüngliche Vereinbarung besagt, dass das Geld am 14. Januar zurückgezahlt werden soll. Da das Geld aber nicht in den Kunstwerken ist, will das Museum es früher zurückhaben.

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Das leere Bild soll hängen bleiben

"Für mich hat er das volle Recht, ein Werk zu schaffen – unter der Prämisse, dass das Geld geliehen ist. Ich mache mir keine Sorgen. Ich beziehe mich nur auf den Vertrag." Haaning habe in einem Gespräch aber angedeutet, dass er noch nicht wisse, ob er das Geld tatsächlich zurückzahlen will.

Auch bei P1 sagte Haaning, dass das Geld bis zum vereinbarten Datum nicht zurückkomme. "Das Werk ist, dass ich das Geld genommen habe." Diebstahl oder Vertragsbruch sehe er darin nicht. Er habe ein "fantastisches Werk" geschaffen, regt sich der Künstler in der Radiosendung auf. Er beklagte sich zudem darüber, dass man ihm das Geld für das Werk geliehen habe, aber ihm kein Geld für Zusatzkosten gegeben habe. Das Interview mit den beiden Moderator:innen mündet dann in wüsten Anschuldigungen von Haaning. Offenbar fühlte er sich missverstanden.

Trotz allem: Das leere Kunstwerk hängt nun im Museum bis zum Ende der Ausstellung. Andersson finde, dass es nicht zuletzt einer früheren Beschreibung von Jens Haanings Werk als "provokativ, aber auch humorvoll" gerecht werde. "Es ist ein Kommentar dazu, wie wir alle arbeiten. Und es ist wahrscheinlich auch ein Kommentar zum Wert dessen, was er schafft. Es gibt also viele Schichten, die wir für interessant halten."

Andersson hoffe nun, dass die ungewollte Aufmerksamkeit zu mehr Besucher:innen führt, so TV Nord. Die könnte er gebrauchen, um das verlorene Geld wieder reinzubekommen.

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