Es gibt wohl kaum eine Malerin, die auf der ganzen Welt so sehr verehrt wird wie Frida Kahlo. Der Hauptgrund dafür sind allerdings nicht nur ihre Bilder – vor allem ihr bewegtes Leben trägt nach wie vor zur Legendenbildung bei. 1907 in Mexiko-City geboren, starb sie bereits mit 47 Jahren – wohl an einer Lungenembolie. Gesundheitlich hatte Frida Kahlo zwei besonders schwere Prüfungen durchzustehen, mit sechs Jahren erkrankte sie an Kinderlähmung, mit 18 Jahren durchbohrte eine Stahlstange ihr Becken bei einem Busunfall. Beide Schicksalsschläge waren mit langen Bettzeiten zur Genesung verbunden, letzterer zwang sie auch Jahrzehnte später immer wieder für viele Monate in Gips- oder Stahlkorsetts. In der Zeit nach dem Unfall begann Kahlo, im Liegen zu malen, um sich abzulenken. Ihr Lieblingsmotiv: sie selbst. Das begründete sie einmal so: "Ich male mich, weil ich sehr viel Zeit allein verbringe und weil ich das Motiv bin, das ich am besten kenne." Mit 22 Jahren heiratete Frida Kahlo den damals in Mexiko hoch verehrten kommunistischen Künstler Diego Rivera, er war 20 Jahre älter als sie und teilte ihre Leidenschaften – sie teilte seine, müsste es wohl korrekterweise heißen.

Nun hat der Taschen-Verlag einen Bildband veröffentlicht, der das vollständigste Dokument über die mexikanische Künstlerin darstellt. Nicht nur enthält er auf seinen mehr als 600 Seiten Abbildungen all ihrer 152 Gemälde, sondern er setzt sich auch mit ihren verschiedenen Schaffensphasen, ihrer Biografie, ihrer großen Liebe zu Rivera sowie zu Mexiko und zum Kommunismus auseinander. Bereits in den ersten Sätzen des Vorworts erklärt Herausgeber Luis-Martín Lozano, warum in diesem Buch so intensiv auf Frida Kahlos Kunst geschaut wird: "In den vergangenen fünfzig Jahren hat das Werk der mexikanischen Malerin Frida Kahlo (1907–1954) einen regelrechten 'Boom' erlebt. Aber während die Zahl der Publikationen, die sich mit ihrer Lebensgeschichte, ihrem Zuhause, ihren Rezepten, ja sogar mit ihrer Kleidung befassen, in die Höhe schnellte, wurden ihre Gemälde, ihr eigentliches Œuvre, nur unzureichend analysiert. In der Regel geht es dabei um die immer gleichen bekannten Bilder, ihre weniger spektakulären Arbeiten dagegen werden geflissentlich übersehen und geraten so allmählich in Vergessenheit." Das will dieses Buch nun ändern.
Dass wir mittlerweile in beinahe jedem Geschäft für Dekoartikel Papierservietten, Kaffeebecher, Kissenhüllen und anderen Merchandise mit einem Selbstporträt von Frida Kahlo angeboten bekommen, hat also nur relativ wenig mit ihrer Kunst zu tun. Und die Kommunistin Kahlo hätte sich eine solche Vermarktung wohl schwer verbeten. Der opulente Bildband des Taschen-Verlags liefert eine respektvolle Alternative zu "trendigen Fanartikeln" – er würdigt Frida Kahlos Kunst.