Uraufführung in Mannheim Vielversprechendes Stück versiegt auf Theater-Bühne

"Die Welt von hinten wie von vorne" von Felicia Zeller ist im Mannheimer Nationaltheater uraufgeführt worden. Die Autorin erlebt derzeit einen Hype, ihr neustes Stück jedoch ließ zu wünschen übrig.

Neugierig und erwartungsvoll waren die meisten Zuschauer vor der Uraufführung des neuen Theaterstücks von Erfolgs-Autorin Felicia Zeller am Mannheimer Nationaltheater. Denn bei der Uraufführung des zeitkritischen Auftragswerks "Die Welt von hinten wie von vorne" ging es am Samstagabend um den Einfluss von PR-Agenturen auf die Medien, die Politik und das öffentliche Denken. Nach knapp 100 Minuten gab es in Baden-Württemberg freundlichen Beifall für ein inhaltlich enttäuschendes Stück. Das vielversprechende Thema wurde nur an der Oberfläche angekratzt und auf der Theater-Bühne versenkt.

Dabei gab es auf sprachlicher Ebene in dem Stück für fünf Schauspieler und einen DJ durchaus gute Ansätze, entlarvende Worthülsen und Sprachwitz. Bei Wortkombinationen wie "Grünwaschen von Automobilherstellern" erkennt man das Potenzial Zellers, der aber offenbar die Inspiration für die theaterspezifische Umsetzung fehlte. Auch kurze Anspielungen auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Initiativen von Wirtschaftsverbänden, zu Lobbyisten mutierte Grünen-Politiker oder die eurokritische Partei Alternative für Deutschland waren in der mit dramaturgischen Fehlern behafteten Inszenierung von Burkhard C. Kosminski zu finden.

Retro-trendige Sportanzüge

Auf der Bühne erinnerte ein schwarzes Netzgitter-Gerüst an ein Büro-Hochhaus. Darin turnten die Schauspieler monologisch - lediglich aufgestachelt mit technoähnlicher Musik in retro-trendigen Sportanzügen - durch die nicht immer komplett vorhandene Handlung. Diese erinnerte an eine unfertige Textcollage ohne roten Faden. Ein netter Entwurf, der sich den aktuellen Politikbetrieb vorstellte, aber für eine Bühnenfassung eigentlich überarbeitet werden müsste. Als Hörspiel könnte der Text allerdings funktionieren.

Es geht um eine große PR-Agentur und ihre Mitarbeiter, die vor allem im Gesundheitsbereich aktiv sind und schon mal einen Tarnverein zur Interessensvertretung gründen. Einem aufstrebenden Politiker und Professor, der die Macht von Politikberatern einschränken will, wird eine Falle durch einen eigens engagierten Ex-Journalisten gestellt. Als der Politiker für die Wahl zum Präsidenten selbst auf die Dienste der PR-Strategen zurückgreifen will, wird dies entlarvt. Er muss zurücktreten.

In einer Kritikerumfrage der Zeitschrift "theater heute" war das am Schauspiel Frankfurt uraufgeführte Stück "X-Freunde" Zellers im September zum Stück des Jahres 2013 gewählt worden. Da viele deutsche und deutschsprachige Schauspiel-Bühnen gerade Stücke der Autorin spielen, sprechen Theaterexperten auch von einem "Zeller-Hype".

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Christian Jung, DPA

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