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Bayreuth trauert um Wolfgang Wagner Der letzte Theaterprinzipal

Mit einer großen Trauerfeier im Festspielhaus Bayreuth haben rund 1.400 Musikfreunde am Sonntag mit der Familie Abschied von Wolfgang Wagner genommen.

Mit einer großen Trauerfeier im Festspielhaus Bayreuth haben rund 1.400 Musikfreunde am Sonntag mit der Familie Abschied von Wolfgang Wagner genommen. Der langjährige Leiter der weltberühmten Opernfestspiele und Enkel des Komponisten Richard Wagner starb vor drei Wochen im Alter von 90 Jahren.

Das Festspielhaus war in Schwarz gehalten; lediglich zwei gelbe Rosensträuche an den Rändern sorgen für dezente Farbtupfer. Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm als Privatperson mit ihrem Mann an der Veranstaltung teil. Die Familie war vertreten durch Wagners Töchter Eva und Katharina, die die Festspiele seit dem Rücktritt ihres Vaters im Herbst 2008 gemeinsam leiten, und seine Schwester Verena.

Auf der Gästeliste standen Kulturstaatsminister Bernd Neumann, der Intendant der Bayerischen Staatsoper, Nikolaus Bachler, der Direktor der Wiener Staatsoper Ioan Holender, Ex-Außenminister Hans Dietrich Genscher sowie der Dramatiker Tankred Dorst, der in Bayreuth Regie geführt hatte. Andere Regisseure wie Christof Schlingensief standen nicht auf der Liste.

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer würdigte Wagner in seiner Ansprache als "streitbaren Alleskönner" und letzten Theaterprinzipal. "Der Tod hat uns zwar den Menschen Wolfgang Wagner genommen, doch sein Lebenswerk Bayreuth wird bleiben", sagte Seehofer. Anschließend verneigte er sich vor dessen Porträtfoto, das in schwarz-weiß auf den Bühnenhintergrund projiziert wurde.

Wagners langjähriger Freund und Arzt, der Leipziger Medizinprofessor Joachim Thiery, beschrieb den "Patriarchen der Festspielfamilie" als einen "zutiefst selbstlosen und fürsorglichen Menschen", der bei der Interpretation der Werke seines berühmten Großvaters stets den Blick nach vorne gerichtet habe. "Er war alles andere als ein Gralshüter, er suchte vielmehr die kritische Auseinandersetzung", sagte Thiery. Ideologien und rückwärtsgewandtes Denken seien ihm fremd gewesen. "Es besteht kein Zweifel: Wolfgang Wagner war der größte Gestalter des Gesamtkunstwerkes Richard Wagners", betonte er.

Zuvor hatte der Bayreuther Oberbürgermeister Michael Hohl gesagt: "Die Festspiele, das Festspielhaus waren sein Leben." Gemeinsam mit seinem Bruder Wieland habe Wolfgang Wagner den Mythos Bayreuth geschaffen, der auch heute noch Jahr für Jahr Opernfreunde aus aller Welt in die fränkische Stadt locke.

Zur Eröffnung der fast zweistündigen Trauerfeier spielten Mitglieder des Festspielorchesters unter der Leitung von Dirigent Christian Thielemann das Vorspiel zu Richard Wagners Oper "Lohengrin". Es folgten "Siegfrieds Rheinfahrt" aus der "Götterdämmerung", die Motette "Denn er hat seinen Engeln befohlen" von Felix Mendelssohn-Bartholdy und zum Abschluss Vorspiel und Choral der Oper "Die Meistersinger von Nürnberg".

Überschattet wurde die Gedenkveranstaltung durch einen familiären Disput: Laut Festspielsprecher Peter Emmerich sagte Wagners Sohn Gottfried aus erster Ehe seine Teilnahme an der Trauerfeier per Fax ab. Er und sein Vater hatten sich vor etwa 20 Jahren zerstritten, weil sich Gottfried in einem Buch kritisch mit der Nazi-Vergangenheit seiner berühmten Familie auseinandergesetzt hatte. Der 62-jährige Musikwissenschaftler, der in Italien lebt, hatte eine Öffnung der Archive des Festspielhauses gefordert, um die Rolle der Familie in der NS-Zeit zu klären.

Aus Solidarität mit Gottfried Wagner und weil ihnen Plätze in der Mittelloge und nicht wie Katharina und Eva in der ersten Reihe zugeteilt worden waren, hatten am Freitag auch die Kinder von Wolfgangs Bruder Wieland, Nike, Iris, Wolf-Siegfried und Daphne, ihre Teilnahme abgesagt.

Wolfgang Wagner war 57 Jahre lang Festspielleiter. Er wurde als Enkel von Richard Wagner und Urenkel von Franz Liszt am 30. August 1919 in Bayreuth geboren. Er war das dritte Kind von Siegfried Wagner und dessen Frau Winifred, die als Bewunderin Hitlers bekannt war. 1951 übernahm Wolfgang Wagner zunächst gemeinsam mit seinem Bruder Wieland die Leitung der Festspiele, nach dessen Tod 1966 stand er dem Grünen Hügel bis zu seinem Rücktritt im August 2008 alleine vor. Am 21. März starb er. Die Beisetzung seiner Urne sollte im engsten Familienkreis stattfinden.

Brigitte Caspary, APN APN

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