Noch immer trauert er seiner Matilda nach. "Matilda, she take me money and run Venezuela" - die 6.800 Fans in der Frankfurter Festhalle singen begeistert den Refrain im Caribbean-English mit. Und Harry Belafonte, der das Konzert am Samstagabend fast spröde und wortlos begonnen hatte, gibt eine Kostprobe seines schauspielerischen Könnens: Schluchzend erzählt er, dass Matilda nicht nur das Geld, sondern auch Hut, Schuhe und Küchenausrüstung habe mitgehen lassen. "Ich hatte ja gehofft, dass du wenigstens an meinem Geburtstag zurückkommst", schluchzt er. "Bitte komm zurück. Und wenn du kommst, bring wenigstens ein paar von den Sachen mit, die du damals hast mitgehen lassen."
Applaus für die Klassiker
Das Eis ist nun endgültig gebrochen, von nun an herrscht ausgelassene Partystimmung in der Festhalle. Dabei erfüllt Belafonte an seinem 76. Geburtstag nicht hundertprozentig die Erwartungen seiner meist über 50-jährigen Fans: Die Calypso-Klassiker aus den 50er Jahren ertönen im neuen Gewand, mal im modernen Worldmusic-Sound mit afrikanischen Wurzeln, dann wieder im Reggae-Rhythmus oder jazzig. Erst wenn er mit seiner noch immer kräftigen und zugleich samtweichen Stimme die ersten Zeilen von Klassikern wie "Island in the Sun" oder "Jamaica Farewell" anstimmt, werden die Songs erkannt und mit viel Applaus begrüßt.
Lob und Ermutigung für die Deutschen
Aber Belafonte ist nicht nur Entertainer. Die fröhlichen und melancholischen Lieder, die er singt, hat er auf einer jahrzehntelangen persönlichen Spurensuche nach der Identität schwarzer Menschen in Nord- und Südamerika zusammengetragen und zuletzt in der Sammlung "The Long Road To Freedom" veröffentlicht. Er hat gegen die Rassendiskriminierung in den USA gekämpft, sich für das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) engagiert und sein Leben lang Gewalt als Mittel zur Lösung von Konflikten abgelehnt. Und so spricht er auch den Irak-Konflikt an, ohne diesen direkt beim Namen zu nennen, und dankt dem deutschen Volk dafür, dass es gegen Krieg sei. "Verzagt nicht wegen dem, was einige Amerikaner sagen. Millionen von Menschen in aller Welt gebt ihr Kraft und Mut. Niemand weiß besser als das deutsche Volk, was Krieg bedeutet."
Belafontes Weltordnung ist eine andere als die des politischen Washingtons. Das vermittelt er bei der Vorstellung seiner Band so nebenbei: Der Perkussionist ist aus Brasilien, der Keyboarder aus Surinam, der Bassist aus Senegal und der Schlagzeuger aus einem "undeveloped country: The United States". Und bevor das Konzert mit dem "Banana Boat Song" den zu erwartenden Höhepunkt erreicht, zeigt er sich auch über Frankfurt am Main informiert: Finanzmetropole Deutschlands, Stadt der kühlen Rechner - und doch "Banana Town".
Terroralarm nach dem Konzert
Leider endet die großartige Geburtstagsfete mit einem Missklang. Unter den Zuschauern, die ab einer geschickten Überleitung in den Zugabenteil von den nummerierten Sitzplätzen Richtung Bühne strömen, war ein Mann, der einen Koffer und Rucksack unbeaufsichtigt an seinem Platz zurückließ. Hinter den Kulissen wird Terroralarm ausgelöst, Belafonte fordert sein Publikum auf, geordnet und ohne Panik den Saal zu räumen. Das Licht geht an, Belafonte fordert einen seiner Manager auf, die Situation noch einmal kurz zu erklären. Der sichtlich erschütterte Mann sagt - auf Englisch -, dass ein verdächtiger Gegenstand gefunden worden sei und die Festhalle vorsichtshalber geräumt werden müsse.
Eindrucksvolle Kondition
Die Leute gehen, aber nicht alle haben die englischen Mitteilungen verstanden. Viele unterhalten sich über das erlebte Konzert, bewundern Belafontes Stimme und Kondition - das Konzert dauerte fast zwei Stunden - stellen sich geduldig an den Garderoben und vor den Toiletten an. Von den deutschen Veranstaltern ließ sich in dieser Phase niemand blicken. Sie hatten zu Beginn des Konzertes alle Hände voll mit Reklamationen zu tun: Es waren mehrere Sitzreihen einer Preiskategorie verkauft worden, die in der Halle nicht aufgestellt worden waren. Das Konzert begann deswegen mit fast halbstündiger Verspätung.
Weitere Konzerttermine:
02.03. Hamburg, 11.03. München, 12.03. Nürnberg, 13.03. Berlin, 15.03. Oberhausen, 16.03. Bremen, 17.03. Köln, 20.03. Stuttgart, 22.03. Leipzig