Es ist ein gruseliger Gedanke, der vielleicht so manchen von uns vom Erklimmen einer möglichen Karriereleiter abhält: Wenn man mal in irgendeiner Weise berühmt werden sollte, wird es sicher Menschen geben, die die persönliche Social-Media-Historie gründlich durchwühlen. Und bei normalen Menschen unter 35 findet sich da schon irgendetwas Peinliches. Auch bei US-Politiker Jon Ossoff, der gerade die Stichwahlen in Georgia zu gewinnen scheint.
Der Demokrat, der bald mit 33 Jahren als jüngster Abgeordneter in den Senat einziehen könnte, twittert nämlich gern. Aber – anders als der Noch-Präsident Donald Trump – eher über Privates und Persönliches. Und besonders gern über Musik. Daran ist an sich nichts verkehrt. Allerdings hat der Politiker einst überraschend viel Leidenschaft für eine Band gezeigt, deren kulturelles Nachwirken heute als eher gering eingeschätzt werden kann:
Warum nicht einfach mal Fan sein?
Ossoff ist, oder war zumindest im Jahr 2012, riesiger Fan der Indierock-Band Imagine Dragons. Die hatten immerhin mit "Radioactive" mal einen veritablen Hit. Der Politiker postet enthusiastisch, dass er sich gerade das (damals) neue Album gekauft habe, twittert dem Musikmagazin "Pitchfork", dass er sich auf die Rezension dazu freue und teilt eine Story über den Drummer der Band, Daniel Platzman.
Aber sein musikalischer Horizont reicht auch noch weiter – bis hin zu Disney-Soundtracks:
"Dieser irische Pub mitten in London spielt den 'Mulan'-Soundtrack", twittert der 33-Jährige am 26. Februar 2013, offenbar gerade auf Reisen.
Und auch die echten Klassiker feiert er:
"'I Want You Back' von den Jackson 5 ist der beste Popsong der Musikgeschichte. Diskutiert das!", schreibt er am 3. März 2013.
Die Menschen auf Twitter sind entzückt
Dass Ossoff nicht schon vor Monaten ein Heer von Praktikanten damit beauftragt hat, alle Spuren seines Privatlebens möglichst restlos aus dem Internet zu entfernen, rechnen ihm viele Menschen hoch an. Mit genüsslicher Ironie analysieren sie die alten Tweets. "Danke, werde ich mir mal anschauen", schreibt etwa jemand scheinbar todernst unter ein vor acht Jahren gepostete Video von Imagine Dragons.
Ein anderer möchte herausfinden, wie sich Jon Ossoffs Musikgeschmack weiterentwickelt hat, und kann nicht fassen, dass er nie etwas über die Indie-Band Vampire Weekend twitterte:
"Das kann nicht richtig sein, such nochmal", fordert er Twitter im Scherz auf.
Jon Ossoff hatte eine Vorahnung
Der US-Politiker schien sich aber tatsächlich schon 2012 der Gefahr bewusst zu sein, dass seine Tweets mal von allgemeinem Interesse sein könnten. Am 31. Oktober 2012 twittert er: "Zum ersten Mal seit sechs Jahren komme ich einem leeren E-Mail-Postfach nahe." Und dann fügt er augenzwinkernd hinzu: "Ich wollte einen Song von Lil Jon verlinken, aber ich möchte nicht, dass in 15 Jahren jemand fragt, warum ich auf sowas Unanständiges verweise, deshalb habe ich bloß das hier geschrieben."
Um welchen HipHop-Track von Lil Jon es ging, darüber kann man im Nachhinein leider nur spekulieren. Die Twitter-Nutzer jedenfalls sind begeistert: "Ein politischer Rap-Kommentar!", freut sich einer. Ein anderer stellt klar: "Dies ist ein ikonischer, nicht-löschbarer Tweet!" und einer erkennt: "Der Mann wusste, er hat eine Zukunft!"
Quellen: Twitter, "Mashable"