Herr Stipe, mit einer Reihe sperriger Alben schien es zehn Jahre lang, als wollten Sie Ihre Plattenfirma in den Ruin treiben. Warum kehren Sie mit "Around the Sun" zum eingängigen Popsong zurück - ausgerechnet im ungemütlichen Wahljahr 2004?
Weil ich Veränderungen mag, Überraschungen, Zufälle, Bewegung. Deshalb heißt ja auch ein Stück auf dem Album "Wanderlust", ein anderes "Leaving New York". Außerdem geht es R.E.M. im Moment ausgesprochen gut, persönlich und als Band. Das merkt man dem Album an, hoffe ich.
Woran liegt's?
Bei mir sicher daran, dass ich meine Heimat gefunden habe. Dass ich bei mir selber bin.
Was genau ist Ihre Heimat?
Rein äußerlich betrachtet, mein Haus in der Nähe von Athens in Georgia, in dem ich seit über fünf Jahren mit meinem Freund zusammenlebe, und ein Appartement in New York, in dem ich gern Partys mit Freunden feiere. Ich bin ja auch ein sehr geselliger Mensch.
Was kommen so für Leute zu Ihren Partys?
Der Schauspieler Jake Gyllenhaal. Courtney Love. Menschen, die ich mag. Das ist der innere Kern von Heimat: Heimat wird von Menschen gemacht, der Ort ist nur eine Schale. Wenn es jemanden gibt, den Sie wirklich lieben, erst dann haben Sie ein Zuhause gefunden. Ich habe mich jedenfalls nie heimatlos gefühlt.
Und warum nicht?
Weil ich tolle Eltern hatte. Sie haben mir früh beigebracht: Das Verlassen von Orten muss nicht unbedingt etwas Negatives sein, wenn du deine Heimat in deinem Herzen trägst. Wenn dein Herz ein Haus ist, in dem deine Freunde Platz haben. Das habe ich gelernt, weil ich wahnsinnig oft umziehen musste, als ich ein kleiner Junge war.
Waren Sie als kleiner Junge schon so melancholisch, wie es die Stimmung der meisten R.E.M.-Alben vermuten lässt?
Ich bin als Melancholiker auf die Welt gekommen. Ich kann mich an gar keinen anderen Zustand erinnern als den des Zurücklassens, des Neubeginns und der damit einhergehenden Melancholie. Die Hoffnung, den Optimismus, die ich in mir trage - das alles kommt daher, dass ich das Leben eines reichen Mannes führen durfte.
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Sie haben Schicksalsschläge wie etwa den Tod Ihrer sehr guten Freunde Kurt Cobain und River Phoenix überwunden - weil Sie reich sind?
Wobei ich damit natürlich nicht das Leben eines reichen Rockstars meine. Sondern das Glück, aus einer reichen Familie zu kommen. Wir waren reich, weil wir Liebe füreinander hatten.
Was haben Ihre Eltern gesagt, als Sie zum ersten Mal die Musik ihres Sohnes hörten?
Mein Vater saß einfach nur da, auf einer Art Schaukelstuhl. Schließlich sah er mich an. Er schmunzelte. Er sah sehr zufrieden aus in diesem Moment, glücklich und zufrieden.
Das vollständige Interview ist in der aktuellen Ausgabe von NEON nachzulesen, dem jungen Magazin vom stern