Dieses Album ist wie ein Wiedersehen mit alten Freunden, die man viel zu lange nicht gesehen hat. "Alpha Zulu" heißt es und es ist wie mit den Freunden: Sie haben sich verändert, aber nicht allzu sehr und sofort ist wieder diese Vertrautheit da. Eigentlich alles beim Alten. Das gilt auch für das neue Phoenix-Album. Es mutet etwas elektronischer an, aber da ist sofort diese vertraute Melancholie, die von leichtfüßigem Indie-Pop getragen wird. Alte Freunde, das sind auch die vier Mitglieder von Phoenix. Sie kennen sich seit ihrer Schulzeit in Versailles.
Das neue Phoenix-Album lädt zum Sinnieren ein
"Alpha Zulu" ist wie eine Zeitreise ins Jahr 2009, hinein in das auslaufende Herz und die durchtanzten Nächte von damals, als das Phoenix-Album "Wolfgang Amadeus Phoenix" mit den Hits "Lisztomania" und "1901" rauskam. Es folgten weitere Alben, doch dieses bleibt das prägendste der Band, popkulturell – und ganz individuell.
Es war der Soundtrack von ersten Semestern, von Abenden in WG-Küchen. Und während Bilder und Gefühle aus dieser Zeit beginnen, durch Kopf und Herz zu jagen, taucht auf dem neuen Album eine weitere vertraute Stimme auf. Bei "Tonight" singt Ezra Koenig, der Lead-Sänger von Vampire Weekend, mit, deren erstes Album ebenfalls Stammgast in den WG-Küchen von damals war.
Im Video zu "Tonight" sind Phoenix-Sänger Thomas Mars und Koenig jeweils in Paris und Tokio unterwegs, die Szenen sind nebeneinandergeschnitten. Die Ästhetik und das Lied suggerieren eine Leichtigkeit, etwas kosmopolitisch Entspannt-Lakonisches, das fast aus der Zeit gefallen wirkt. Genau deshalb kommt es zur richtigen Zeit. Es ist eine Einladung, inmitten dieses wahnsinnigen Weltgeschehens "Lost in translation"-mäßig über Vergangenes und Vergänglichkeit, Beziehungen und Einsamkeit sinnieren zu dürfen.
"Alpha Zulu" entstand im Museum
Vergangenes und Zeitlosigkeit rücken auch deshalb in den Fokus, weil das Album von Kunst geprägt ist. "Alpha Zulu" entstand im Musée des Arts Décoratifs, dem Kunstgewerbemuseum in einem Seitenflügel des Louvre in Paris. Muss sehr inspirierend gewesen sein – innerhalb von nur zehn Tagen war alles fertig. Die Band sei fasziniert gewesen von der Idee, etwas aus dem Nichts innerhalb eines Museums zu erschaffen, heißt es im Pressetext dazu. Inspiriert worden sei sie unter anderem von der berühmten Szene in Jean-Luc Godards Film "Bande à part", in dem die Protagonisten durch den Louvre sprinten.
Im Video zu "Alpha Zulu" erwacht die Kunst zum Leben. Die Gesichter auf den Gemälden singen. Es ist wohltuend, Gemälde in diesen Tagen erfrischend interpretiert zu sehen, statt unter einer Schicht von Kartoffelbrei.
Auf die Freundschaft
Phoenix beenden ihr neues Album mit einer Hommage an ihren Lieblingsproduzenten Philippe Zdar, der vor drei Jahren verstarb. "Identical" heißt es und es steckt so viel Liebe und Energie in diesem Lied, das im Verlauf immer noch besser und intensiver wird, dass man auf der Stelle mit seinen Freunden den Tag weg und die Nacht durchtanzen möchte.
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"I’m no prophet, I’m your friend, take my advice, make your mistakes", singt Thomas Mars. "Mach deine Fehler", mit dieser Zeile entlässt er die Zuhörerin aus dem neuen Phoenix-Album. Sie weiß, da werden noch einige kommen im Leben. Aber das ist – dank Freunden – okay.