Man mag von Heidi Klum halten, was man will, man mag lästern über ihre affektierte Model-Mama-Attitüde, die Augen verdrehen über ihre Domina-Blicke, aber langweilig wird es mit ihr gewiss nicht. Und nun Claudia Schiffer. Auch sie hält ihr schönes Gesicht neuerdings - und warum auch immer- in eine Castingshow-Kamera. Am Mittwoch startete ProSieben mit ihr als Zugpferd das Format "Fashion Hero" , das Designer pushen will. Und natürlich muss "Clooodia" sich sogleich den Vergleich mit Heidi Klum gefallen lassen. Und schneidet dabei ab wie Florian Silbereisen, wollte man ihn Stefan Raab gegenüber stellen.
Claudia legte, und sie hat ja die Zähne dazu, ihr Laufsteg-Lächeln keine Sekunde lang ab. Bloß keine Spielverderberin sein. Die 43-Jährige ist so nett wie sie belanglos ist. Na bitte, Seichtigkeit liegt ohnehin im Trend, siehe Angela Merkel. Oder anders gesagt: Soviel Ödnis war selten. Danke dafür auch an Moderator Steven Gätjen. Aber vielleicht will ProSieben seine Zuschauer ja klammheimlich in Belanglosigkeit ersticken. Chapeau, das wäre dann bereits geglückt.
Im Grunde eine Dauerwerbesendung
Doch im Grunde geht es gar nicht um ein TV-Event, mit dem die Macher dem Grimme-Preis entgegen fiebern wollen, sondern man setzt dem Fernsehvolk eben mal eine Dauerwerbesendung vor die Nase, mit dem Auftrag, am besten morgen gleich in die Läden zu rennen, um die Mode zu kaufen, die hier gezeigt wird.
Denn die Designerstücke, die von Chefeinkäufern für kauftauglich bewertet wurden, sind am Tag nach der Ausstrahlung in den jeweiligen Modegeschäften zu haben. Homeshopping-Sender ziehen mit wesentlich weniger Aufwand den Leuten das Geld aus der Tasche. Aber für "Fashion Hero" werden 21 Designer ins Rennen geschickt, die diese Mode extra schneidern, und zwar um die Wette: Möge der Beste gewinnen. Und neben "La Schiffer" werden außerdem ein Stylist namens Sascha Lilic und eine Markenkommunikations-Trainerin namens Uta Huesch angekarrt, allesamt uninteressant. Sie fungieren als Mentoren, sollen also die Nachwuchsdesigner unter ihre Fittiche nehmen. Was sich allerdings darin erschöpfte, dass sie ihren Schützlingen Bla-Bla-Plattitüden mit auf den Weg gaben. Man müsse nur feste an sich glauben und ähnlich verbaler Kram.
Claudia gefällt einfach alles
Am eigentlichen Hebel sitzen die Chefeinkäufer von drei bekannten Mode- beziehungsweise Einkaufshäusern. Denen muss es gefallen, denn die wollen freilich ausschließlich Klamotten in ihren Läden hängen haben, die auch gekauft werden. Da half es auch nichts, wenn Claudia es immer wieder mit Lobhudelei versuchte. Kaum ein Kleid, kaum eine Jacke, die ihr nicht gefiel. Doch
Ausgefallenes ist hier unerwünscht. Wer etwa Kreatives und auch mal Gewagtes vorzuzeigen hatte, konnte die Schiffer zwar glücklich machen, sonst aber am besten gleich einpacken. Gefragt ist massentaugliche Ware. Und komme bloß keiner mit Amerika, wo man in Sachen Mode schon mal mutiger sei, grätschte ein Chefeinkäufer dazwischen. Und gab wiederholt den Hinweis: "Wir müssen das hier verkaufen." Ja, schon kapiert. Nur Claudia setzte nach, als keine Gebote für Designerstücke kamen, die ihr aber bestens gefielen: "Ich bin enttäuscht, überrascht, ich verstehe überhaupt nichts mehr." Die Designer hingegen nahmen ihre Schlappen mit Fassung. Kein Zickenkrieg. Keine Heulsusen-Arien. Schade eigentlich.
Kurze Nachhilfe für Mode-Banausen
Die Designer, in der ersten Folge waren es zehn Frauen und Männer zwischen 20 bis 41 Jahren, präsentierten ihre modischen Stücke. Mal Minimalistisches, mal Avantgardistisches, mal Spitze satt, mal Graffiti-Print. Für den Zuschauer, der in Sachen Mode noch nicht den Durchblick hat, wurden während der Präsentation Sätze eingeblendet wie "Kurze Jacke streckt den Oberkörper", "Asymmetrischer Print versteckt Problemzonen" und "Boyfriend-Hose: Smart und sexy".
Na, das ist doch fast schon Bildungsfernsehen. Also doch Grimme-Preis verdächtig? Die Chefeinkäufer boten um die Wette, vorausgesetzt, sie waren überhaupt interessiert. Und oft waren sie es nicht. Während fünf Designer, darunter Sahra Tehrani und der schon längst nicht mehr unbekannte Marcel Ostertag, ihre Entwürfe gut verkauften - bis zu 110.000 Euro wurden geboten - mussten die vorerst ausgeschiedenen Designer im sogenannten "Fashion Showdown" darum kämpfen, doch noch weiterzukommen.
Die Aufgabe: Mache in 30 Minuten das Beste aus einem schwarzen Blazer. Bei Riccardo Serravalle war der Blazer plötzlich silbrig-grau und die Mentoren entschieden sich: Der soll weitermachen. Aber nett wie die Claudia nun mal ist, nett und so unfassbar langweilig, sagte sie bei der Bekanntgabe der Entscheidung: "Das ist ein undankbarer Job. Es ist uns wirklich schwer gefallen." Dann brabbelte sie noch was von "tollen Designern" und "viel Talent" und dass sie "bitte nicht aufgeben" sollen. Allerspätestens da wünschte man sich, dass Heidi Klum hereinkommt und sagt: "Ich habe heute leider kein Foto für dich."