ARD-Dokumentation AfD wollte Bundesregierung "jagen" - was ist daraus geworden?

AfD-Chronologie: Fünf Jahre AfD - eine Erfolgsgeschichte?
Die AfD wird inmitten der Eurokrise am 6. Februar 2013 gegründet. Sprecher der eurokritischen Partei werden Bernd Lucke, Frauke Petry und Konrad Adam.
 
Am 14. April 2013 veranstaltet die Partei ihren Gründungsparteitag in Berlin und verabschiedet eine Satzung und ein vorläufiges Programm.
 
Innerhalb weniger Wochen stellt die Partei eine Struktur mit Landesverbänden auf die Beine und sammelt genug Unterschriften, um zur Bundestagswahl im September 2013 zugelassen zu werden.
 
Am 13. September 2013 verpasst die AfD zwar mit 4,7 Prozent knapp den Einzug in den Bundestag, feiert das Wahlergebnis aber als großen Erfolg.
 
Mit Bernd Lucke als Spitzenkandidat holt die AfD bei der Europawahl am 25. Mai 2014 7,1 Prozent und stellt sieben Abgeordneten für das Europaparlament.
 
Im Spätsommer 2014 zieht die AfD in die Landtage von Sachsen, Brandenburg und Thüringen ein. Mit Frauke Petry, Alexander Gauland und Björn Höcke übernimmt der rechte Parteiflügel den Fraktionsvorsitz.
 
Im Winter 2014/15 eskaliert ein Richtungsstreit innerhalb der AfD und es entbrennt ein Machtkampf zwischen Bernd Lucke und Frauke Petry. Letztere sucht Kontakt zur islamfeindlichen Pegida-Bewegung.
 
Beim Essener Parteitag Anfang Juli 2015 wählen die Delegierten mit Frauke Petry und Jörg Meuthen zwei Vertreter des rechten Flügels zur neuen Parteiführung – eine klare Niederlage für Parteigründer Lucke und seinen gemäßigten Flügel. Lucke und rund 2000 Mitglieder verlassen daraufhin die AfD.
 
Die AfD profitiert davon, dass viele Deutsche mit der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unzufrieden sind. Sie erholt sich schnell vom Mitgliederverlust.
 
Bernd Lucke gründet die „Allianz für Fortschritt und Aufbruch“ (Alfa). Die Partei bleibt weitgehend erfolglos und kommt über rund 2000 Mitglieder nicht hinaus.
 
Seit dem Austritt von Bernd Lucke fährt die AfD einen klar rechten Kurs. Immer wieder provozieren führende Parteimitglieder mit rassistischen und antisemitischen Ausfällen.
 
Einiges davon sind kalkulierte Tabubrüche, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Anderes soll den politischen Diskurs in Deutschland nach rechts verschieben.
 
Und das gelingt: Die CSU versucht vor der Landtagswahl in Bayern, mit Parolen und Forderungen der AfD Stimmen am rechten Rand zurückzugewinnen.
 
Insofern sind die ersten fünf Jahre der AfD eine Erfolgsgeschichte.
 

"Wir werden sie jagen!", drohte AfD-Chef Alexander Gauland nach der Bundestagswahl 2018 der Bundesregierung. Eine ARD-Doku zeigt, ob der Partei ihr Vorhaben bisher gelungen ist.

Es fing so harmlos an mit der AfD im Bundestag vor gut einem halben Jahr. Ein bisschen Chaos beim Bezug der neuen Büros, ein paar Selfies aus dem Plenarsaal, ein wenig fremdeln mit der neuen Rolle im Hohen Haus.

Ganz dicht dran waren dabei die Kameras der ARD-Filmemacherinnen Marie-Kristin Boese und Karin Dohr, die die Partei während ihrer ersten sechs Monate im Bundestag begleiteten. Für ihre Dokumentation "Protest und Provokation" konnten sie hinter die Kulissen des Parlamentsbetriebs blicken. Man könnte meinen, es ist fast ein Wunder, dass der von "Zwangsgebühren" finanzierte Sender so dicht ran durfte an die Weidels und Gaulands.

Chronologie der AfD-Skandale und -Tabubrüche

Doch die Kamera zoomt im Verlauf des Films immer weiter auf, der Blick hinter die Kulissen muss einer Chronologie dieses ersten halben Jahres der AfD im Bundestag weichen. Im Zeitraffer wird der Zuschauer erneut Zeuge der Skandale und Tabubrüche, die die Republik seit dem Einzug der Partei ins Parlament heimsuchten.

Das klingt dann alles gar nicht mehr so harmlos, die 45 Minuten zeigen, in welcher Geschwindigkeit sich der politische Stil im Bundestag verändert hat: das Frauke-Petry-Aus, die Nominierung des Islamkritikers Albrecht Glaser als Parlamentsvizepräsident, der nächtlich herbeigeführte Hammelsprung, die Angriffe gegen den Journalisten Deniz Yücel, die Wahl dreier umstrittener Ausschussvorsitzender, das würdelose Verhalten der Fraktion während der Holocaust-Gedenkstunde und so weiter und so fort. Wie schnell die Zeit vergeht.

"Der Ton ist rau geworden im Bundestag", stellen die Macher fest. "Protest und Provokation" im Schnelldurchlauf. Parteichef Alexander Gauland darf darlegen, dass es der AfD mehr nütze als schade, in die Opferrolle gedrängt zu werden. Ansonsten kommt die Konfrontation der AfD-Protagonisten mit ihrer Strategie leider zu kurz.

Die Bewertung müssen dann andere übernehmen. FDP-Mann Wolfgang Kubicki zum Beispiel, der fordert, die AfD auch einmal mit Nichtbeachtung zu strafen. Oder SPD-Bundestagsvize Thomas Oppermann, der die Partei mit Sachargumenten stellen will.

Die "Jagd" fiel bislang aus

Das klappte im vergangenen Jahr überraschend gut. Der Film zeigt, dass sich die anderen Parteien auf die AfD eingestellt haben, sie auflaufen lassen, ihre Themenarmut aufzeigen. Die von Alexander Gauland ausgerufene "Jagd" auf die Bundesregierung ist bislang jedenfalls ausgeblieben.

So ist für den Zuschauer am Ende des Films zumindest klar, worum es der AfD offenbar geht: Sie sucht die große Bühne im Bundestag, um für Schlagzeilen zu sorgen. "Es reicht er AfD, dass sie präsent ist, um destruktiv wirken zu können", urteilt Historiker Volker Weiß. "Sie untergräbt systematisch die Grundlagen der Zivilgesellschaft."

Das ist das Erfolgs- und Überlebenskonzept der Partei - allein um das einmal mehr zu erkennen, lohnt es sich, die Doku anzusehen.

"Protest und Provokation - Die AfD im Bundestag" ist in der ARD-Mediathek zum Nachschauen abrufbar.

AfD-Chronologie: Fünf Jahre AfD - eine Erfolgsgeschichte?
Fünf Jahre AfD - eine Erfolgsgeschichte?

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