Mit seiner überraschenden Absage, die Nachfolge von Sabine Christiansen anzutreten, hat TV-Moderator Günther Jauch die ARD brüskiert - und vor ein Problem gestellt: Bis September muss bei dem Senderverbund ein Moderator gefunden werden, der das Format hat, einen Sonntagabendtalk auf dem begehrten Sendeplatz nach dem "Tatort" zu leiten.
Nach der Blamage mit Jauch will die ARD nun schnell handeln. Am kommenden Dienstag wird in Frankfurt die Fernsehprogrammkonferenz des Senderverbunds zusammentreffen. Als ein Thema wird auch die Christiansen-Nachfolge auf der Tagesordnung stehen. Dort soll auch ein personeller Vorschlag für die Intendantentagung am 5. Februar erarbeiten werden.
Maischberger zunächst in Baby-Pause
Nachdem zunächst Frank Plasberg vom Westdeutschen Rundfunk ins Spiel gebracht wurde, sind inzwischen weitere Namen gefallen: Sportexperte Gerhard Delling, "Tagesthemen"-Moderatorin Anne Will und Ulrich Wickert. Auch der Name Sandra Maischberger ist bereits gefallen. Die 40-jährige Talkerin wird zwar demnächst Mutter, könnte aber im Herbst wieder auf den Bildschirm zurückkehren.
Wenn es nach den stern.de-Lesern geht, wäre dies die optimale Lösung. Bei einer Umfrage unter mehr als 3000 Teilnehmern haben sich 32 Prozent für Maischberger als Christiansen-Nachfolgerin ausgesprochen. Knapp dahinter auf Rang zwei rangiert Harald Schmidt, für den sich 26 Prozent der stern.de-Leser aussprachen. Allerdings dürfte der Entertainer für diesen Job nicht ernsthaft in Betracht kommen. Frank Plasberg stand bei dieser Abstimmung nicht zur Wahl.
Tatsächlich scheint jedoch alles auf Plasberg hinauszulaufen. Der Moderator hat mit seinem Polit-Talk "Hart, aber fair" im WDR unter Beweis gestellt, dass er höchste journalistische Kompetenz mit guten Einschaltquoten verbinden kann. Plasberg selbst wäre zu der neuen Aufgabe bereit. "Wenn man mich fragen würde, stünde ich selbstverständlich zur Verfügung für eine politische Talksendung am Sonntagabend in der ARD", hatte der Moderator den "Lübecker Nachrichten" gesagt. Für eine weitere Stellungnahme steht Plasberg derzeit nicht zur Verfügung.
Kritik an der ARD
Währenddessen nimmt die Kritik an den Abstimmungsprozessen innerhalb der ARD zu. Jauch selbst nannte die Verhandlungen im stern.de-Interview "eine Mischung aus Gesundheits- und Föderalismusreform, mit dem entsprechenden - bedauerlichen - Ergebnis." Ulf Birch, Vorsitzender des Programmausschusses des NDR-Rundfunkrats, bemängelte die Äußerungen des ARD-Vorsitzenden Fritz Raff und der neuen WDR-Intendantin Monika Piel, die den Vertrag mit Jauch nach der internen Absprache torpediert hätten. "Dieser Club der Heckenschützen hat der ARD einen Bärendienst erwiesen", sagte Birch.
Dagmar Reim, Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg, sprach im RBB-Inforadio von einem "erheblichen Imageschaden" für die ARD. Auf Anfrage von stern.de stand Reim jedoch für keine weitere Stellungnahmen bereit. Man habe sich innerhalb der ARD darauf verständigt, dass sich nur noch der Vorsitzende Fritz Raff zu dem Fall Jauch äußern soll. Am Freitag zeigte Raff wenig Verständnis für die Kritik an dem geplatzen Vertrat. Die ARD sei nun einmal ein Verbund von einzelnen Sendern: "Was für die einen ein Nachteil ist, ist für andere gelebter Föderalismus." Bereits zu Wochenbeginn hatte er verlautbart, dass die ARD-Welt ohne Jauch nicht untergehe.