Mit der Reeperbahn kann man es ja machen. Schlagermove und Harley Days, tanzende Türme und Junggesellen-Abschiede, Flatrate-Ficken und Hundehaufen - und nun auch noch das: RTL schickte die drei Probanden der fünften Folge des Sommerlochcamps in Hamburgs Rotlichtbezirk auf den Strich. Auf der Reeperbahn nachts um halb eins, ob du ein Gehirn hast oder ob keins.
Die Ex-Camp-Knackis im einzelnen: Jay Khan, einstiger Tümpel-Tausendsassa zwischen Schwul-im-Schrank-Anwürfen und Indiras üppiger Balz-Auslage, Mathieu Carrière, der tantenhafte Darth Vader, und Sarah Knappik, die Monolog gewordene Kreuzung aus F.J. Wagner und Tic Tac Toe.
Die Irrste ever, ever, EVER
Wir erinnern uns gut und nur allzu gern: Anno 2011 hatte Sarah Dingens im Fokus einer höchst unterhaltsamen Staffel gestanden wie noch keine Bewohnerin des Camps zuvor und von allen, die noch kommen werden. Die Irrste ever, ever, EVER. Dabei war sie umringt von einem Käfig voller Narren, der sich zum Wasserreichen auch nicht eben höher als auf die Zehenspitzen stellen musste. Schlaflaborpatient Langhans, der tausend Tränen tiefe Titelträger Peer Kusmagk, Knast-Katy Karrenbauer, Mental-Mathieu, Indira Weis, Jay, die gespaltene Zunge, und dazu noch eine von den Jacob Sisters, die kürzeste Entfernung zwischen Expandables und Teletubbies.
Das Verrückte an der Sache: Vier Jahre später ging diese Versuchsanordnung, zumindest auf dem Studiosofa, immer noch hoch wie zwei Drittel Heizöl, ein Drittel Benzin, wie 68 in West-Berlin. Die Familienaufstellung der einstigen Dschungelbewohner barg Sprengstoff bar jeden Verfalldatums. Anschuldigungen und Vorwürfe, Flüche und Fäkalverwünschungen. Es hätte nur noch gefehlt, dass man sich hier in schönster Jerry-Springer-Tradition auch noch an die Gurgel gegangen wäre. Stattdessen gab es dann zumindest die Enthüllung, dass Sarah Knappiks einst im Camp vorgetragene Khanekdote wohl doch dichter an der Wahrheit war als vom Betroffenen dargestellt, der gute Jay sie wohl doch vergeblich zu einer Art PR-Love Story im Lager überreden wollte. Unconscious Coupling - wo die Liebe hinfiel, da musste Indira sie dann eben notgedrungen aufheben.
In freier Wildbahn zeigte das Trio mit zwei Ghettofäusten dann einiges mehr an Solidarität und das obwohl hier Geschmacksgrenzen um weit mehr als eine, wenn auch sehr kurze, Penislänge überschritten wurden. Bei der Challenge im Kühlhaus galt es, ein paar Eiswürfel mittels Körperwärme zum Schmelzen zu bringen. Ohne mit der Wimper zu zucken holte Carrière den kleinen Mathieu aus dem Hosenstall und pinkelte mir nichts, dir nichts in die Schüssel, um anschließend darin besagte Eiswürfel unter gleichmäßigem Rühren mit dem Finger zu Wasser zu machen. „Einige haben eine Mikrowelle, andere einen Mikropenis“, feixte Frau Zietlow, die eine Bluse trug, die augenscheinlich aus alten Knappik-Stirnbändern zusammengenäht war. Barbara Herzsprung hätte das sicher gefallen. Der marode Mentalist selbst konnte die Ekelanfälle in punkto Urin kaum verstehen, Madonna würde sich bei Fußpilz auch selbst auf die Füße pinkeln, verteidigte Carrière sich. Es dürfte Jahre dauern, bis jemand die Spule aus dem Kopfkino wieder herausgefummelt hat.
Aus der Klapse, aus der Gosse, aus dem Puff
Anschließend ging es auf den Hamburger Kiez, zu Nutten, Koks und Kaviar. Oder wie Jay Khan es dröge formulierte: „Zurück zu meinen Wurzeln“. Schon in früheren Sendungen zeigte sich, das RTL in Sachen Ahnenforschung keine halben Sachen macht und weiß, wo die „Stars“ herkommen: Aus der Klapse, aus der Gosse, aus dem Puff. Entsprechend wohl fühlten sich die drei auch im plüschigen Hinterzimmer, zumindest solange bis fünf Damen des Gewerbes das Etablissement enterten, um eine Runde Nutten-Memory zu spielen. Wer ist Cindy? Wer war Mandy und ist das nicht Yvonne? Schwer zu sagen, ob dieser Ringelpietz debiler war, die Episode mit den knipsenden Japanern oder der aalewerfende Dieter, der auch noch seine Aufwartung machte.
Doch alles hat ein Ende, das gilt dankenswerterweise auch bei dieser Show, die tatsächlich ein wenig überzogen hatte, als nach Mitternacht schließlich feststand, was man längst ahnte: Sarah Knappik steht im Finale. Irrsinn kennt keine Halbwertszeit. Ghettofauuuuust!