TV-Kritik "GNTM" "Freu dich, du Arsch!"

  • von Mark Stöhr
Jolina, Ivana und Stefanie stehen im Finale. Die Wahl des Trios war wenig überraschend. Eine Finalistin konnte ihr Glück trotzdem kaum fassen – und wurde von einer Kollegin harsch zurechtgewiesen.

Es war mal wieder keine gute Idee, "red!" zu gucken, das Promi-Magazin direkt im Anschluss an die "Topmodels". Denn dort erfuhr man Dinge, die einem die Aussicht aufs Finale am kommenden Donnerstag nicht gerade versüßten. Dass Ivana zum Beispiel am liebsten Fleisch isst, so viel wie möglich, wenn's geht, jeden Tag. Ist das High Fashion? Ist das modern? Oder dass Jolinas Lieblingsfilm "Kokowääh" ist, Til Schweigers Gähn-Klamotte in zwei Teilen. Am niederschmetterndsten aber war der Hofknicks von Wolfgang Joop vor seiner Showfürstin Heidi Klum: "Es gibt keine Facette", sagte er, "die ich an Heidi nicht toll finde."

Schleimerei hatte man bislang nicht im Repertoire des Meisterschneiders vermutet. Gut möglich, dass er damit Schadensbegrenzung betreiben wollte. Denn die Meisterdetektive von "red!" hatten nach einer intensiven Auswertung der Fernsehbilder herausgefunden, dass Joop die Arbeit seiner Chefin die gesamte Staffel hindurch hintertrieben hatte. Und das wohlgemerkt auch noch bei der Ausübung ihrer höchstrichterlichen Pflicht: Wenn sie verkündete, wer ein Bild bekam und wer nicht.

Joop fällt Klum in den Rücken

Diese Entscheidung pflegt die Klum bekanntermaßen auf eine Zeitspanne auszudehnen, in der ein sehr alter Mensch eine vierspurige Straße überquert. Die Nerven der Kandidatinnen bringt das so richtig runter. Womöglich ist das sogar der Sinn der Sache. Doch nicht mit Joop. Er ist ein Menschenfreund. Immer wenn die Juryvorsitzende ihre dramatische Pause einlegte, zwinkerte er den Models, wie jetzt herauskam und mit Bildern belegt wurde, zu oder machte sonst irgendwelche Grimassen, die ihnen signalisierten: Lass die Alte nur schauspielern, du bist eh weiter.

Bei drei jungen Frauen blieb das Gesicht des Designers im Halbfinale gestern allerdings ohne Regung: Aminata, Betty und Nathalie schaffte es nicht in die Endrunde. Bei ihnen half kein Grimassieren mehr. Gerade für Nathalie, das von Ehrgeiz zerfressene Psycho-Persönchen, brach eine Welt zusammen. Völlig aufgelöst umschlang sie den von ihr so krude vergötterten Joop und schluchzte: "Durch die Show habe ich Wolfgang getroffen. Das ist das Einzige, was hilft."

Davor hatte sie wie gewohnt einen Fremdschäm-Moment an den anderen gereiht. Erst legte sie sich beim Casting für den Werbeclip eines Rasiererherstellers mit voller Absicht auf die Nase ("Super Idee, oder?") und musste danach wegen starker Schmerzen im Arm von einem Arzt untersucht werden ("It's here irgendwie"). Dann brachte sie die für Joop zuständige Stylistin gegen sich auf. Der Vorwurf: Nathalie hatte "ihren" Wolfgang trotz der ausdrücklichen Ansage, das zu unterlassen, weiterhin mit ungezählten Küssen traktiert und ihm dabei fortlaufend das Make-up versaut. Beim Entscheidungs-Walk irrte sie wie ein Rennpferd ohne Reiter über den Laufsteg. Das immerhin hatte sie mit ihren Kolleginnen gemeinsam. Den Augen der Juroren bot sich ein einziges Stolpern und Sich-Verheddern, teilweise mit nur einem Schuh. Joop entsetzt: "Das war Krise heute."

Die Perfekte, die Mondäne und die Natürliche

Dafür war das Fotoshooting Spektakel. Man mag über den Fotografen Christian Schuller als Typen denken, was man mag: Seine Bilder sind Kunstwerke. Mitten in der Wüste hatte er ein knallrotes Schiff platziert, in dessen Takelage die Models in ebenfalls roten Kleidern und mit bleich geschminkten Gesichtern posierten. Künstliches Schneegestöber und Wasserkanonaden sorgten für ein visuelles Drama, das an die Revolutionsgemälde von Delacroix erinnerte. Sogar die Klum höchstpersönlich stellte sich für das abschließende Gruppenfoto an die Reling und erhielt vom Fotografen ein Sonderlob: "Heidi, die ist cool. Die geht zur Arbeit und ist Rock 'n' Roll."

Dass Jolina, Ivana und Stefanie – die Perfekte, die Mondäne und die Natürliche – im Finale gegeneinander antreten würden, hatte ja schon die "Bild" gepetzt. Die Wahl des Trios war aber auch sonst nicht sonderlich überraschend. Die Jury begründete ihre Entscheidung wie immer episch breit und poetisch fragwürdig. Jolina war das "wunderschöne Sektglas", das nun die Gelegenheit bekäme, "endlich zu sprudeln". Ivana sei "nicht so eine Ziege", wie sie manchmal rüberkäme. Auch nett. Und Stefanie wurde für ihre "Heldenreise" gerühmt (Thomas Hajo: "What a Journey!"), also für ihre kontinuierliche Entwicklung zum vollendeten "Girl Next Door".

Stefanie hatte sich im Stechen gegen Betty durchgesetzt (Hajo: "Full of Life, Sunshine – man kann Betty nur mögen") und entschuldigte sich tränenreich bei ihrer Kontrahentin dafür, dass sie es ins Finale geschafft hatte und nicht Betty. Die Selbstanklage drohte gar in Richtung eines veritablen Nervenzusammenbruchs abzugleiten, bis Ivana der Kragen platzte: "Freu dich, du Arsch!", blaffte sie Stefanie an. Es war das Machtwort – wir legen uns fest – nicht nur einer überzeugten Fleischesserin – sondern auch der diesjährigen "GNTM"-Gewinnerin.

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