Es ist das Casting des Jahres. Zur Auswahl stehen so viele Kandidaten wie noch. Während die Nation noch traumatisiert von Günther Jauchs Absage daniederliegt, wird am Montag die Jury tagen, die Intendanten der neun ARD-Anstalten, klar, Chefsache, es geht um alles: "DSDS - Deutschland sucht den Sabinechristiansennachfolger." Und das ist verdammt schwer.
Frank Plasberg? Guter Mann, aber als WDR-Gewächs dem ohnehin angepissten NDR schwer vermittelbar. Anne Will? Populär, aber als NDR-Kandidatin dem ohnehin angepissten WDR schwer vermittelbar. Verzwickt, verzwickt.
Sechs alte Männer und eine alte Frau
Sandra Maischberger, auch im Gespräch für den Sonntagabend, auch WDR-Kandidatin, vorerst aber vorrangig schwanger, lässt sich, das ist jetzt kein Witz, vom 27. Februar an von sechs alten Männern und einer alten Frau vertreten, von Berufstätigen und Pensionären - sieben Wochen lang ist an ihrer Stelle jeden Dienstag ein andererGastmoderator: Friedrich Nowottny, 77; Erich Böhme, 76; Wolf von Lojewski, 69; Frank Elstner, 64; Ulrich Wickert, 64; Alice Schwarzer, 64; Jörg Kachelmann, gefühlte 80.
Vertretungswillige Opis
Wäre das nicht auch ein Modell für den Sonntagabend? Jede Woche darf ein anderer Senior ran? Man behielte den Titel der Sendung bei, "Sabine Christiansen", und deklarierte den wöchentlichen Moderatorenwechsel als Vertretung auf unbestimmte Zeit. Genügend willige Ersatz-Opis ließen sich sicher finden.
Man müsste mal Blacky Fuchsberger fragen, der war ja mit der Talkshow "Heut' abend" dereinst sehr erfolgreich, 80 wird er demnächst, wirkt trotz aller Bypässe beneidenswert agil und spielt jetzt sogar im zweiten "Wixxer"-Film mit. Oder Alfred Biolek, 72, räusper, der hat das ja lange gemacht, räusper, räusper, Fragen abgelesen von seinen Moderationskärtchen, räusper. Oder Dietmar Schönherr, auch schon 80, der war der erste, der in Deutschland talkte, 1973, "Je später der Abend" hieß das.
Stark im Monologisieren
Derweil produziert die ARD fleißig weiteren Rentnernachwuchs: SWR-Intendant Peter Voß, auch einer, der sich gern reden hört, nimmt zum 1. Mai seinen Hut, zum 1. Juli dann WDR-Intendant Fritz Pleitgen, ebenfalls ein Rhetor vor dem Herrn und wie Kollege Voß "Presseclub"-Moderations-erfahren; auch Programmdirektor Dr. Günter Struve, ein Godfather des Smalltalks, wird es nicht mehr lange machen. Diese drei, das nur als angenehmer Nebeneffekt, würden Fahrt- und Hotelkosten sparen helfen: Sind sie doch im Monologisieren so stark, dass man auf Gäste auch mal verzichten könnte.
Den Fernsehrentnern käme der sonntagabendliche Aushilfsjob gelegen. Immer noch besser, als an der Museumspforte Karten abreißen oder den Hof fegen. Auch die ARD-Zuschauer würden das System begrüßen: Endlich wären die Moderatoren mal annähernd so alt wie sie selbst.