Mit Blaulicht zum Tatort jagen, Zeugen befragen, in der Pathologie auf die Ergebnisse der Obduktion warten - all das, was das Leben eines "Tatort"-Kommissars ausmacht, können Hobby-Kriminologen jetzt online durchspielen. "Tatort+" heißt das Internet-Format, mit dem der Südwestrundfunk (ARD) nun schon zum zweiten Mal die Netzgemeinde zum Mitmachen auffordert.
Das erste Mal hatte die ARD-Anstalt das Format im vergangenen Jahr beim Lena Odenthal-Krimi "Der Wald steht schwarz und schweiget" getestet. Das Echo war durchwachsen. Zwar nahmen mehr als 100.000 Hobby-Ermittler an dem Online-Spiel teil, doch es gab Engpässe bei der Serverkapazität und jede Menge Häme in der Presse. Selbst Hauptdarstellerin Ulrike Folkerts fragte sich nach der Online-Premiere, wohin das alles führen solle.
Positives Feedback innerhalb der ARD
Zumindest darauf hat der SWR jetzt die Antwort parat. Eine Woche vor der Ausstrahlung der Episode "Spiel auf Zeit" mit den Stuttgarter Kommissaren Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) startet das Online-Spiel "Tatort+". User können dann versuchen, ein Verbrechen aufzuklären, das eng mit den TV-Ermittlungen in Stuttgart verknüpft ist. In der actionreichen Folge ermitteln die Stuttgarter Kommissare gegen eine brutale Bande, die einen Millionencoup mit Sprengsätzen und Narkosegas plant. Anmelden können sich die Hobby-Detektive auf www.tatort.de. Los geht's an diesem Samstag im Laufe des Abends.
Im Mittelpunkt steht ein geheimnisvolles Video, in dem im Hintergrund eine Entführung angedeutet wird. Ob dort tatsächlich jemand verschleppt worden ist und aus welchen Gründen, das sollen die Online-Spieler herausfinden. Hilfe erhalten sie von der Kriminaltechnikerin Nika Banovic (Mimi Fiedler), die auch die TV-Kommissare auf die wichtigen Spuren hinweist. Damit aber nicht genug: Pünktlich mit der Aufklärung im Fernsehen am Sonntag, 26. Mai, 21.45 Uhr beginnt ein neuer Erzählstrang. Jetzt geht es plötzlich um einen Mord, der wiederum unmittelbar mit den Geschehnissen im Fernsehen zusammenhängt.
Wird nun ausgerechnet die gute, alte Tante ARD plötzlich hip auf ihre alten Tage? Fast scheint es so. SWR-Onlineredakteur Guido Bülow sagt: "Die Online-Kollegen aus den anderen Anstalten gucken schon sehr interessiert auf das, was da bei uns passiert. Und auch aus den oberen SWR-Etagen gibt es ein positives Feedback."
Lohn der Hobby-Ermittler: Ein Foto im nächsten "Tatort"
Die Technik-Pannen bei der Premiere im vergangenen Jahr seien behoben, verspricht Bülow. "Damals hatten wir noch Welpenschutz. Aber in diesem Jahr haben wir Sorge getragen, dass alles funktioniert." Außerdem sei durch den achttägigen Vorlauf ein softer Start mit einem langsamen, permanenten Anstieg der Userzahlen garantiert - und nicht wie damals bei Lena Odenthal, als nach Episoden-Ende auf einen Schlag 100.000 User ins Netz gingen und die Server in die Knie zwangen.
Das, was Bülow über die Online-Ermittlungen verrät, klingt zumindest nach einem vielversprechenden Zeitvertreib fürs Büro oder den kurzen Blick aufs Smartphone beim Warten auf die U-Bahn: Jeden Morgen um 9 Uhr gibt es einen Abriss der Ermittlungen von Kriminaltechnikerin Banovic. Per Video-Konferenz Google-Hangout können Zeugen befragt werden. Untereinander können die User Nachrichten und Bilder austauschen, Tipps geben, falsche Spuren kommentieren. Ein Einstieg in die Ermittlungen ist jederzeit möglich. Der Lohn des Kriminalisten-Fleißes: Das Foto eines ausgelosten Mitspielers wird im nächsten Stuttgarter-Tatort "Happy Birthday Sarah" auftauchen.
Konzept geht in Serie
Mit den Hauptdarstellern Richy Müller und Felix Klare wurden extra Szenen gedreht. Auch sie stehen hinter dem neuen Konzept. Inzwischen ist auch klar, dass Online beim "Tatort" künftig Methode hat. SWR-Mann Bülow: "Wir planen schon am nächsten Fall für 2014." Dann führt wieder Kommissarin Lena Odenthal die Ermittlungen.