- 5 von 5 Punkten
- Glänzend umgesetzter Film zum Thema Missbrauch in der Kirche
Worum geht's?
Nach dem tragischen Tod seiner Kollegin Julia Grosz nimmt sich Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) eine Auszeit im abgelegenen Kloster St. Joseph. Eines Nachts kommt der dortige Gemeindepastor bei einem Brand ums Leben. Als im Nachlass des Geistlichen kinderpornografisches Material auftaucht, nimmt Falke zusammen mit der lokalen Kommissarin Eve Pötter (Lena Lauzemis) Mordermittlungen auf - und stößt auf ein Netzwerk von Pädophilie und Vertuschung.
Warum lohnt sich der "Tatort: Schweigen"?
Ein Krimi, der im Umkreis der Katholischen Kirche spielt und Pädophilie zum Thema hat? Mancher mag das klischeehaft finden. Doch leider ist das Thema nach wie vor aktuell. Die 2018 vorgestellte Missbrauchsstudie legte ein erschütterndes Bild von den Verbrechen offen: Demnach wurden 3677 Kinder und Jugendliche als Betroffene von sexualisierter Gewalt identifiziert - und 1670 Priester, Diakone und Ordensangehörige als potenzielle Täter.
Der "Tatort: Schweigen" (Regie: Lars Kraume) basiert auf einem wahren Fall, der aktuell von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken untersucht wird. Autor Stefan Dähnert hat die bedrückenden Fakten zu einem emotional wuchtigen Fall verarbeitet, der den Zuschauer mitunter fassungslos macht, ob der grausamen Taten. "Die Menschen kommen zu euch, weil sie glauben wollen. Und der Mensch muss doch an was glauben", sagt ein sichtlich bewegter Thorsten Falke. "Und was macht ihr? Ihr verratet sie. Ihr vergeht euch an den Unschuldigsten: den Kindern."
Genauso schlimm: Noch immer werden vielerorts Täter geschützt - man will Schaden von der Kirche abwenden. Am Beispiel des in seiner Kindheit missbrauchten Daniel Weinert (Florian Lukas) zeigt dieser Film, wie sehr diese Verbrechen und die Verweigerung von Aufklärung und Gerechtigkeit einen Menschen noch Jahrzehnte später belasten können.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt: Die evangelische Kirche ist in diesem Punkt keinen Deut besser, wie die im Januar dieses Jahres vorgestellte Studie zu sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche und Diakonie zeigt. Auch hier gab (und gibt) es unter dem Deckmantel der seelsorgerischen Fürsorge Missbrauch, immer noch werden viel zu oft die Verbrecher gedeckt.
Was stört?
Ein glänzend besetzter "Tatort" mit einem konzentriert umgesetzten Thema - daran gibt es wenig zu meckern.
Der Kommissar?
Der Tod von Julia Grosz (hier können Sie noch einmal die Umstände ihres Todes nachlesen) hat Thorsten Falke traumatisiert. Der Kommissar will die schrecklichen Erinnerungen an seine verblutende Kollegin aus dem Kopf bekommen - und muss sich schon bald nicht minder verstörenden Bildern von missbrauchten minderjährigen Jungs stellen. Was er zu sehen bekommt, setzt ihm sichtlich zu. "Wie machen Sie das?", will er von der hinzugezogenen Kollegin aus dem Bereich Pädokriminalität wissen. Ihre Antwort: "Ich versuch rational zu bleiben."
Ein- oder ausschalten?
Ein sehenswerter Film über ein leider noch immer hochaktuelles Thema. Schalten Sie unbedingt ein!
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