"Kriegerin"
21.45 Uhr, ZDFkultur
DRAMA Filme, die Rechtsradikalismus in Deutschland thematisieren, werden meist schon über den grünen Klee gelobt, bevor sie jemand zu Gesicht bekommen hat. Selbst wenn ein Film grottenlangweilig ist und vor Klischees nur so strotzt: Die gute Absicht reicht schon aus. Weil die Filme wichtig sind. Für den gesellschaftlich-politischen Diskurs. Als Warnung und Mahnung. Und überhaupt.
Man stimmt dann gerne ein in den Chor des Lobs ohne die Filme überhaupt gesehen zu haben. Bei mir und "Kriegerin" war das ganz ähnlich. Stand immer auf meiner Liste-der-pädagogisch-wichtigen-Filme-die-ich-noch-zu-sehen-habe™. Erst dieser TV-Tipp hat mich dazu gebracht, ihn tatsächlich anzuschauen. Bereut habe ich es nicht. Schon alleine, weil sich Regisseur David Wnendt getraut hat, eine junge Neonazi-Frau und ihre Verachtung für alles Fremde in den Vordergrund zu stellen. Und weil Alina Levshin so gruselig überzeugend hasst, dass es einem kalt den Rücken hinunterläuft.
Ich muss zugeben: Ich verstehe diesen Hass nicht. Auf einer weit entfernten intellektuellen Ebene kann ich die verschwurbelten Gedankengänge vielleicht noch irgendwie nachvollziehen, diese irrationale Angst vor Arbeitslosigkeit und Bedeutungslosigkeit gepaart mit Hass und Dummheit. Aber mein Herz steht ratlos davor, wenn die 20-jährige Marisa erst mit ihrer wilden Horde prügelnd durch einen Regionalzug zieht und sich weigert, an der Kasse zwei pakistanische Jungen abzukassieren ("Sowas bedien ich nicht!"), gleichzeitig aber voller Liebe einem streunenden Hund durch das Fell fährt. Das ist Schubladendenken in arischer Reinkultur.
So liefert mir "Kriegerin" Einblicke in eine Welt, die ich eigentlich gar nicht sehen möchte, vor der ich meine Augen aber nicht verschließen darf. Aber befriedigende Antworten auf meine Frage nach dem Warum liefert der Film keine. Da können die blühenden Landschaften noch so verblüht sein, die Familienverhältnisse noch so zerrüttet - ich verstehe diesen Hass noch immer nicht. Und ganz ehrlich: Darüber bin ich wahnsinnig froh.
PS: Es scheint immer noch dieses seltsam-sexistische Vorurteil durch unsere Gesellschaft zu schwirren, gewaltbereite Neonazis könnten nur Menschen mit Y-Chromosom sein. Wenn es der einzige Verdienst dieses Films ist, einige Zuschauer auf den Gedanken gebracht zu haben, dass auch Mädchen und Frauen für ihre hasserfüllte Ideologie zur Gewalt greifen und nicht nur Mitläuferinnen und Gebärmaschinen für neue, blonde, blauäugige Deutschländerwürstchen sind - dann hat sich die Mühe aller am Film beteiligten schon gelohnt.
Ein TV-Tipp von Jens Wiesner, freier Autor bei stern.de
Und das ist an diesem Tag noch sehenswert:
"Du hast das Leben noch vor Dir"
20.15 Uhr, Arte
DRAMA Paris, 1975. Im Stadtteil Bellevue kümmert sich Madame Rosa (Myriam Boyer, auch Regie) um die Kinder der Huren. Der 14-jährige Momo wächst bei ihr auf - und hilft ihr, gegen die Last der Erinnerung anzukämpfen. Rosa hat Auschwitz überlebt. Ruhig und eindringlich gespielt. (bis 21.50)
"Connected"
22.15 Uhr, Tele 5
ACTIONTHRILLER In "Final Call" (2004) flehte Kim Basinger am Telefon um Hilfe. Das Asia-Remake legt noch mal ’ne Schippe Action drauf. Buchhalter Bob (Louis Koo) hat urplötzlich ein Entführungsopfer am Handy. - Mit 100 Sachen durch Hongkong und immer noch nicht gut genug. (bis 0.30)