Frau Schöneberger, Sie moderieren, Sie talken, Sie singen und werben – und nun gibt es Sie auch noch als Magazin. Musste das sein?
Ich denke ja auch an meine Zukunft. Vielleicht kommt mal einer auf die Idee, dass man mich da überall nicht mehr sehen will. Außerdem möchte ich mehr mit Inhalten zu tun haben. Bisher liefere ich ja meistens die Form.
Sie stehen für Blondiercreme, Pellkartoffelsalat und elektrische Zahnbürsten. Welche Inhalte sind noch von Ihnen zu erwarten?
Und Fleischsalat! Aber ich verkörpere – das haben Umfragen ergeben – vor allem Authentizität. Mittlerweile sind viele Frauen meine Fans. Daraus kann man etwas machen.
Neu am Kiosk
"Barbara" erscheint monatlich im Verlag Gruner+Jahr zum Preis von 3,80 Euro und wendet sich an Frauen zwischen 30 und 55 Jahren.
Das beantwortet aber noch nicht die Frage nach den Inhalten.
Ich stehe dafür, und das soll auch die Zeitschrift transportieren, dass man alles nicht so ernst nimmt. Wir bringen keine Diät, kein Workout, keine To-Do-Listen. Alles, was mich unter Druck setzt, lassen wir weg. Frauenzeitschriften wollen die ganze Zeit aus mir eine Bikinifigur machen, die ich nie haben werde. Ich soll in Gesprächen mit meinem Mann mehr zuhören, ich soll mehr von meinem Chef fordern, ich soll ichweißnichtwasalles. Das erschöpft mich irgendwie. Wir versuchen lieber, uns und unseren Leserinnen mit dem Heft eine gute Zeit zu machen.
Wie tragen Sie denn persönlich zum Magazin Barbara bei?
Ich fahre jeden Freitag zur Redaktionskonferenz, da ist es total lustig! Man redet eigentlich nur über Sex und Männer. Wenn Frauen zusammen sitzen, erzählt ja jede sofort alles von sich.
Und wir lesen es dann in "Barbara"?
Ja, kommt ins Heft, leicht abgewandelt, oder zumindest als Inspiration.

Das Thema Verkleidungssex zum Beispiel. Können Sie uns bitte mal aufklären?
Es gibt ja Männer, die sich wünschen, dass sich die Frau in irgendeine Rolle begibt. Dieser wollte die Krankenschwester. Und das kleine weiße Kleidchen. Aber die Verkäuferin im Berufsbekleidungsladen riet ihm hartnäckig davon ab, holte weite Hosen und Hemden hervor. Ich bekam dann doch das Kittelchen, in Größe 36.
War das der Anfang oder das Ende Ihrer Beziehung?
Bevor ich das Kleidchen anzog, wusste ich schon, dass es nichts werden würde. Aber ich bin ja Dienstleister. Und deswegen habe ich es ausprobiert.
Die blonde, vollbusige Quasselstrippe, das ist ihr Image. Nervt Sie das eigentlich?
Eine zeitlang habe ich selbst gedacht, oh, du bist wirklich ‘ne vollbusige Quasselstrippe, aber ich finde, ich habe mich in den letzten vier Jahren davon weg entwickelt. Für die Nachfolge von Hella von Sinnen komme ich nicht mehr in Frage. Ich bin abgebogen.
Aber wenn man Sie beim Eurovision Song Contest beobachtet, hat man schon das Gefühl, Sie streiten mit Romy Haag um den besten Auftritt.
Manchmal gewinnt Romy, aber häufig auch ich. Der ESC hat ein fancy Publikum, da mache ich mir eine andere Frisur als beim Echo. Beim Echo hat man ja tendenziell noch die Chance, den ein oder anderen Heterosexuellen für sich zu begeistern. Das fällt beim ESC schwer.
Ist die große Samstagabend-Show noch ein Ziel für Sie? Mit drei Stunden Maske kommen Sie doch langsam auf Gottschalk-Flughöhe.
Inzwischen dauern meine Masken-Zeiten länger als meine Sendungen. Deswegen bin ich dankbar für die Arbeit, die ich hier machen kann – und die unmaskiert stattfindet. Ich finde meine Situation überhaupt sehr komfortabel.
Die Deutschen lieben ihre Stars, aber sehen sie auch sehr gern fallen. Beeinflusst Sie das bei Ihren Auftritten?
Ich mache alles rein aus dem Bauch heraus. Ich bin nicht verzweifelt daran interessiert, Publikum auf meine Seite zu kriegen. Ich mache auch nichts für Fan-Bindung, diese ganze Social-Media-Begleitung. Ich gerate nicht in die Krise, weil ich vielleicht 20.000 Follower weniger habe oder so.
Keine Angst, da etwas zu verpassen?
Ich glaube, man fällt weniger schnell, wen man nicht allzu viele Angriffspunkte bietet. Je mehr man von sich preisgibt – meine Ehe ist ja so perfekt, und meine Kinder sind ja so perfekt, und mein Leben ist ja so perfekt – desto mehr freuen sich alle, wenn’s mal nicht mehr so perfekt ist. Und dann wird alles rausgekramt und plattgewalzt.
Sieht man sie dennoch mal unfrisiert im Jogginganzug Brötchen holen, oder gibt es das in Ihrem Leben nicht?
Ja natürlich. Aber das Tolle ist: Es darf keiner drucken.
Wie kommen Sie eigentlich wieder runter, nach manchmal sechs, sieben oder gar acht Shows in Folge?
Ich bin gar nicht erst oben. Das ist mein Geheimnis. Ich mache das einfach.
Sie sprechen aber schon von Adrenalin, das sie durch solche Abende trägt.
Klar, aber ist ist nicht so, dass ich da hechelnd rausgehe, dann loslege und danach in mich zusammen falle. Ich gehe danach in die Garderobe, dann gibt es ein Wasser und idealerweise noch etwas Großes zu essen, und danach gehe ich einfach ins Bett. Dieses Robbie-Williams-Phänomen, dass ich danach noch feiern muss, mit Alkohol, Drogen und allem, das kenne ich einfach nicht.
Die sexy Schöneberger, mit Stulle und Rückfahrkarte?
Ich habe vergangene Woche vier große Shows moderiert. Ich komme da in die Halle, einer drückt mir meine Karten in die Hand, so, wo sind wir? In Baden Baden. Ja schön, ich freu mich, zack zack. Und dann ist Probe, ich lese die Autorenvorschläge durch, setze ich mich mit meinem Autor hin und wir schreiben es um. Und dann mache ich das einfach am Abend.
Langweilen Sie sich manchmal mit sich selbst?
Nicht, dass wir uns missverstehen: Ich mache das mit vollem Herzen, ich arbeite vor allem gern mit der Sprache, den Pointen, dem Timing. Es ist ganz viel Handwerk. Und es ist wahnsinnig schön, zu wissen, ich beherrsche das jetzt zu einem gewissen Grad. An Abenden, wo alles klappt, ist das befriedigend und toll.
Laut Umfragen sind Sie bekannter als SPD-Chef Sigmar Gabriel.
An diese Umfragen denke ich jetzt nicht, wenn ich auf die Bühne gehe.
Was sagt das über unser Land?
Also jetzt mache ich erstmal eine Zeitschrift. Und danach muss ich wohl in die Politik gehen.
Bundeskanzlerin Schöneberger, was hätten wir von Ihnen zu erwarten?
Erstmal müsste ich eine Partei gründen, bei den bisher vorhandenen möchte ich mich nicht anschließen.
Wofür würden Sie kämpfen?
Dafür, dass vernünftige Entscheidungen getroffen werden. Ich fürchte nur, das ist gar nicht mehr möglich in dieser Zeit. Aber im Grunde befasse ich mich mit solchen Themen auch gar nicht. Ich bin nicht politisch und ich habe auch keine Message.
Ein ordentlicher Schuss Naivität ist hilfreich?
Ja. Und Faulheit auch!
All das, was eine moderne und erfolgreiche Frau gerade nicht auszeichnet?
Ich finde immer die Frauen am tollsten, die vier Kinder haben und nicht arbeiten. Denn das ist das Allerhärteste. Mütter mit vier Kindern ohne Job sind in meinen Augen die größten Göttinnen. Danach kommt lange nichts und danach kommen die mit drei Kindern. Und die, die das machen was ich mache, zwei Kinder und Job, die haben es am leichtesten. Du kannst immer mal vom einen in das andere reinspringen und hast Best of all Worlds.
Würden Sie sich als Feministin bezeichnen?
Nein. In meinem Umfeld habe ich nicht mehr oder weniger Chancen gehabt als ein Mann. Wenn ich jetzt in einer Bank arbeiten würde, und ich würde mitkriegen, dass die Männer die ganze Zeit an mir vorbeiziehen und mehr Geld verdienen, dann würde ich auch zur Feministin.
Wenn Volkswagen seinen Vorstandsvorsitzenden verliert, werden als Nachfolger ausschließlich Männer diskutiert. Die Schriftstellerin Sybille Berg hat sich maßlos darüber geärgert.
Aber welche Frau ist denn so weit, dass sie genommen werden könnte? Ich arbeite sehr viel für die Autoindustrie – da gibt es einfach überhaupt keine Frauen.
Wie kommt das?
Meiner Meinung nach wollen die Frauen auch gar nicht unbedingt um jeden Preis in die Vorstände. Frauen sagen, ich will Karriere aber auch ein Kind, ich will auch ein Sozialleben haben und ich bin auch gern ab und zu mal vor 21 Uhr zuhause.
Männer verzichten darauf freiwillig?
Männer sind anders. Die steigen auf den Karrierezug auf und der fährt einfach durch bis Ende Fünfzig. Bis sie dann merken: Oh ja Mist, jetzt habe ich aber ganz schön viel verpasst. Und dann verlassen sie ihre Frau und kriegen nochmal Kinder, um dann hinterher zu sagen: Meine zweiten Kinder habe ich aber ganz doll mitgekriegt.
Sind Männer kompromissloser?
Machen wir uns nichts vor, ich kenne den Winterkorn und habe mich mit ihm unterhalten: „Am Wochenende, da rede ich nicht mit meiner Frau, ich habe vier Pilotenkoffer, die muss ich alle durcharbeiten, Frau Schöneberger!“ hat er zu mir gesagt.
Männer finden so etwas total toll. Und ganz viele Frauen sagen: Vielen Dank, sehr gerne, aber ich bleibe in der zweiten Reihe.
Wenn Sie dann doch in der ersten Reihe stehen, werden sie mit Argusaugen beobachtet: ihre Figur, ihre Frisur, ihre Kleidung, ihre Karriere, ihr Lebenswandel. Nun wird am Stuhl der bisher makellosen Ursula von der Leyen gesägt. War sie zu perfekt?
Wir müssen uns überlegen, was wirklich wichtig für uns ist: Ob sie jetzt in ihrer Doktorarbeit das und das kopiert hat, oder ob sie ihren Job gut macht und heute, hier und jetzt gute Entscheidungen fällt? Mir ist es völlig wurscht, ob sie 60 Seiten kopiert hat oder 120 oder alles oder gar nichts. Ich finde, man muss die Leute nach dem beurteilen, was sie jetzt machen. Ich möchte nicht daran gemessen werden, wie ich mich in meinem Studium verhalten habe und ob ich in der Matheklausur irgendwo abgeschrieben habe.
Sie wollen ja auch gar nicht
werden. Aber immerhin sind Sie nun "Editor-at-Large". Können Sie das bitte mal übersetzen?Gut, dass Sie danach fragen. Das wollte ich auch schon lange wissen. Es hat wieder mal mit großen Größen zu tun. Ich komme aus dieser Large-Nummer einfach nicht raus. Ich kann mir darauf keinen Reim machen.
Interview: Silke Müller