Dumme Anmache, gezielte Demütigungen, grobe Gewalt - das gibt es nicht nur in Hollywood und der Politik. Immer mehr Frauen sprechen über ihre eigene Erfahrungen mit Sexismus. Fernsehmoderatorin Bettina Böttinger ist eine davon und erzählt dem stern ihre Geschichte:
"Ich war 24 Jahre alt, habe an der Uni Bonn Geschichte studiert und stand kurz vor dem Examen. Deshalb war ich sogar an Weiberfastnacht in der Bibliothek - als Einzige. Plötzlich packte mich jemand von hinten, warf mich gegen das Regal und versuchte, mir die Zunge in den Hals zu stecken: mein Professor.
Ich war total überrumpelt, mir fiel in dem Moment nichts Besseres ein, als völlig fassungslos "Aber Herr Professor!" zu rufen. Nach einem Handgemenge konnte ich mich befreien und wollte fliehen, aber er hatte die Tür abgeschlossen. Ihm eine scheuern konnte ich nicht, das war undenkbar, das war schließlich mein Professor! Ich war völlig außer mir, schließlich hat er aufgeschlossen und ich bin raus gerannt.
Einen Tag später habe ich ihn dann schon wieder gesehen. Er kam abends in die Jazzkneipe, in der ich gearbeitet habe. Gemeinsam mit einem Kollegen, einem anderen Historiker, saß er sturzbesoffen am Tresen, beide haben die ganze Zeit extrem sexistische Bemerkungen gemacht. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mit der Situation umgehen sollte, ich wusste nur: Ich kann bei dem kein Examen mehr machen. Ich musste wegen diesem Übergriff also länger studieren, weil ich mir einen neuen Professor suchen musste.
Bettina Böttinger: "Ich bin nicht zart besaitet"
Ich bin nicht zartbesaitet und er hat mich ja auch nicht vergewaltigt - aber dieses Gefühl der totalen Macht- und Hilflosigkeit hat mich fertig gemacht. Was hätte ich machen können, an wen hätte ich mich wenden können? Ich habe nichts unternommen, ich hätte mich auch gar nicht getraut. Unter Frauen herrschte damals die Meinung: aushalten, darüber hinweggehen. Bis heute hängen es sicher nicht viele an die große Glocke, wenn sie von Vorgesetzten belästigt werden. Ich hoffe, dass sich das ändert."
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