Kein Tag mehr ohne David Beckham in Los Angeles. Der britische Fußball-Spieler mit Piepsstimme rollt zumindest medial das gesamte Hollywood-Ensemble von hinten auf. Sein Shopping-Ausflug mit Familie wird in den Hauptnachrichten gemeldet, weil er 47 Paparazzi-Autos im Schlepptau hat, wenn er in einer Boutique Jeans anprobiert. Brachte die Victoria Beckham Show "Coming to America" zwar nicht die erwünschte Einschaltquote für den Sender NBC - drei Millionen Menschen schalteten ein - so war das erste Spiel von Ersatzkicker Beckham für den Sportsender ESPN ein Riesenerfolg. Eine Million Zuschauer sahen, wie Becks auf der Bank saß, wie er sich reckte und dehnte und wie er schließlich in der 78. Minute nach seiner Einwechslung seinen zugeklebten Ehering küsste und nach einem kleinen Stolperer über den Rasen purzelte. So viele Fernsehzuschauer hatte die MLS noch nie bei einem Spiel ihrer Liga.
Becks auf allen Kanälen
Gestern nun setzte Beckham seinen PR-Feldzug fort. Auf Fox Sports startete die neue Serie "David Beckham's Soccer USA". 13 Wochen lang sollen die Fans jeden Mittwochabend 30 Minuten lang einen Einblick in den Arbeitsalltag des einstigen Stars von Real Madrid erhalten. Becks beim Flankenschlagen. Becks beim Dirigieren auf dem Feld. Becks beim Toreschießen. Oder zumindest so ähnlich. Nun gibt es allerdings derzeit sportlich noch nicht allzu viel zu berichten von Mr. Beckham. Okay, er ist angekommen. Das weiß mittlerweile jeder. Und er war überrascht, so sagt er zumindest im Fox-Interview, dass so viele Menschen auf ihn gewartet haben. Das nimmt ihm keiner so wirklich ab. Ist er doch die derzeit bekannteste Marke, die der Fußball zu bieten hat. Kein Amerikaner weiß, wer Kaka oder Ronaldinho sind. Beckham aber ist ein Kinostar, der zufälligerweise auch Fußball spielen kann.
Er soll endlich spielen
Und so stotterte der erste Teil der Beckham-Serie dann auch noch. Welcher Fan will seinen Star schon in der VIP-Box beim Champagnerschlürfen sehen, während sich die Teamkollegen in der Sommerhitze die Hacken abrennen. "Der muss seinen verdammten Knöchel endlich in Ordnung kriegen, damit er uns aus dem Tabellenkeller führt", emailt ein aufgebrachter Galaxy-Anhänger an Fox und drückt damit die Meinung aus, die sich wie eine Nebelschwade nach dem Sommerregen im Wembleystadion ausbreitet. Sie scheinen ungeduldig zu werden, die "Becksters", die Fans der Sportmarke Beckham. Sie wollen endlich mehr sehen, als nur TV-Auftritte und Party-Fotos mit Katie und Tom und Will und Jada.
Und Becks will es auch. Das versichert er im exklusiven, vom Vertragspartner Adidas gesponserten Fox-Show-Interview: "Ich bin ein Teamplayer. Ich will in der Kabine dabei sein mit den Jungs, ich will auflaufen." Sprüche kann er klopfen, der sympathische Becks. Und ein bisschen Hollywood hat er ja auch schon drauf: "Ich lebe mit der Leidenschaft eines Gewinners. Ich liebe die Herausforderung, und ich bin hier um der Galaxy und der MLS zu helfen." Solche Statements kommen an bei den Amis. Gewinner lieben sie im Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
"Bend it like Beckham"
Und in dem Interview nimmt er dann tatsächlich zum ersten Mal zu den Gerüchten Stellung, er sei nur nach Kalifornien gekommen, weil er gerne etwas früher in Fußballrente gehen möchte: "Das ist Blödsinn. Ich bin noch immer gut genug, um guten Fußball spielen zu können. Ich habe Europa nicht zu früh verlassen." Hört sich so ein bisschen wie eine Bitte an, wie ein Flehen an die Fans, doch noch ein bisschen Geduld mit dem großen David zu haben. Ein paar Bananenflanken, ein paar "Bend it like Beckham" hat er noch im Fuß, sagt er und lächelt in die Fox-Kamera. Am Ende hat LA Galaxy 2:1 gewonnen. Gegen Mexicos CF Pachua, im Superliga-Pokal. Ohne Beckham. Der saß mit seinen Söhnen in der VIP-Lounge. Aber auf die erste Sportseite der "LA Times" hat er es dann doch geschafft. Ein Arm in die Höhe gerissen. Wie ein Sieger. In Gucci-Jeans und weißem T-Shirt. Die nächste Fox-Show will Beckham im Einsatz zeigen. Eine Woche haben die Produzenten noch Zeit, Beckham bei der Arbeit einzufangen. Sonst muss das Archiv wieder herhalten. Oder ein weiteres "exklusives" Interview über die feinen Restaurants oder die edlen Immobilien im Lala-Land. Da scheint sich Becks im Moment besser auszukennen als mit dem runden Leder, das er einst wie kein zweiter ins Netz zirkeln konnte.