Lügen, Drohungen, Manipulationen: Die Geschichte der Trennung von Kanye West und Kim Kardashian ist schmutzig. Und das einseitig: Seit Kim Kardashian im Februar 2021 die Scheidung von dem Rapper einrichte, versucht dieser seine Ex umzustimmen – doch seine Bemühungen werden von mal zu mal bedrohlicher. Erst waren es nur öffentliche Liebesschwüre, die auf keine Gegenliebe stießen, dann wurde es schnell unangenehm. Trauriger Höhepunkt der toxischen Liebesbekundungen: In einem Musikvideo köpfte West eine Puppe, die den neuen Freund von Kardashian, Pete Davidson, darstellt.
Warum diese Geschichte jedoch mehr als nur Promiklatsch und vor allem alltäglich ist, zeigte kürzlich Trevor Noah, Moderator der US-Comedysendung "Daily Show" auf. Er sprach darüber, dass es sehr vielen Frauen so ergeht, wenn sie eine Beziehung beenden. Dass die Belästigungen dann oft schlimmer werden, dass niemand ihnen glaubt. Und er erzählte, wie sehr ihn das Verhalten Wests an seinen Stiefvater erinnere. Und wie dieser irgendwann auf seine Mutter schoss, sie nur durch Glück überlebte. "Wenn Kim Kardashian davor nicht fliehen kann, wie stehen die Chancen dann erst für normale Frauen?", fragte er.
Gewalt nach Trennung: Wie sieht es für normale Frauen aus?
Tatsächlich zeigt der Fall West/Kardashian erschreckend deutlich, wie schwierig es für eine Frau sein kann, ihren Partner zu verlassen – selbst wenn diese Frau über das Geld, die Kontakte und die Reichweite von Kim Kardashian verfügt. Wie sieht es also für normale Frauen aus? Der Blick auf die Zahlen ist verheerend.
In Deutschland wird jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von physischer und/oder sexualisierter Gewalt – und da sind andere Formen von Gewalt wie Drohungen, Beschimpfungen oder Kontrolle noch nicht einberechnet. Laut Statistik des Bundeskriminalamts werden durchschnittlich in jeder Stunde 13 Frauen Opfer von Gewalt in der Partnerschaft. Die Dunkelziffer liegt höher, denn den eigenen Partner oder Ex zur Anzeige zu bringen birgt Risiko und Scham. Und es schützt im Zweifel nicht einmal: Alle zweieinhalb Tage tötet in Deutschland ein Mann seine Partnerin oder Ex-Partnerin.
Warnzeichen gibt es im Vorfeld meist viele, dazu gehört auch Verhalten wie das, das Kanye West an den Tag legt. Doch die Abwertung und Kontrolle von Frauen durch Männer gilt als so normal, dass sie in den seltensten Fällen zu Konsequenzen führen. Viel häufiger wird den Frauen nicht geglaubt, wird ihr Erleben heruntergespielt. Rechtliche Handhabe gegen Belästigungen gibt es eh kaum. Bis es dann zu spät ist. Umso wichtiger ist es, dass sich jetzt beim prominenten Beispiel Kanye West etwas tut. Wir brauchen dringend eine gesellschaftliche Debatte über toxisches Verhalten nach Trennungen und die Gefahr, die davon ausgeht.

Petition sammelt Stimmen gegen Kanye bei Coachella
Der Beitrag von Trevor Noah zeigte Wirkung, zumindest indirekt: Nachdem West ihn deshalb online ebenfalls bedrohte und beschimpfte, wurde er von Instagram temporär gesperrt. Und gerade sammelt eine Petition Stimmen dagegen, dass West als Headliner beim renommierten Coachella-Festival in Kalifornien auftreten darf. "Wir gucken seit über einem Jahr zu, wie Kanye Kim, Pete und andere belästigt, manipuliert und verletzt. Keiner scheint sich gegen ihn stellen zu wollen und die, die es tun, geraten in seine Schusslinie. Jetzt hat er anderen sogar körperliche Gewalt angedroht. Es ist beschämend, dass er das einfach so tun kann. Coachella (und andere Marken, die noch mit ihm arbeiten) sollte sich schämen und ihm keine Plattform mehr geben", heißt es darin. Über 28.000 Menschen haben bereits unterschrieben.
Aus Kardashians Umfeld wurde bekannt, dass sie nicht plane, gegen Wests Verhalten gerichtlich vorzugehen. Wohl auch, weil die Aussichten auf Erfolg gering sind. Trotzdem schweigt sie nicht länger. Als West kürzlich auf Instagram ein Foto vom Schulranzen seiner Tochter postete und dazu schrieb, dass es ihm letzte Woche erlaubt gewesen sei, sie zu sehen und er deshalb so hart für seine Familie kämpfe, kommentierte Kardashian: "Hör auf mit dieser Geschichte. Du warst gerade heute Früh hier und hast die Kinder zur Schule gebracht." Mittlerweile hat West den Post gelöscht.
Vielleicht auch, weil er merkt, dass er nicht nur seine Ehe, sondern auch seine Karriere gerade im Alleingang beendet. Aufgrund seiner Social-Media-Entgleisungen haben ihn nun auch die Grammys ausgeladen, dabei ist er mehrfach nominiert. Ob Kanye West das akzeptiert? Fraglich.