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Märtha Louise von Norwegen Von der Prinzessin auf der Erbse zur selbstbewussten Frau

Die norwegische Prinzessin Märtha Louise
Die norwegische Prinzessin Märtha Louise
© RUNE HELLESTAD / Picture Alliance
Die norwegische Prinzessin Märtha Louise hat ein Buch über hochsensible Menschen geschrieben. Die 46-Jährige ist selbst besonders empfindsam. Im Gespräch mit dem stern erklärt sie, was das bedeutet.

Kronprinzessin Mette-Marit von Norwegen sagt über ihre Schwägerin: "Viele haben warme und gute Hände, aber Märtha Louise hat in ihren geradezu eine kleine Sonne." Die Tochter von König Harald von Norwegen und ältere Schwester von Kronprinz Haakon stand, als sie erwachsen wurde, vor derselben Frage wie Prinzessin Anne oder zuletzt Prinz Harry in Großbritannien: Was macht man als royaler Sproß mit seinem Leben, wenn man weiter unten in der Rangfolge steht und höchstwahrscheinlich nicht den Thron des königlichen Vaters oder der Mutter besteigen wird? Vollzeit zu repräsentieren und dafür eine üppige Apanage zu bekommen, gilt heutzutage nicht mehr unbedingt als hoffähig, schon gar nicht in den eher nüchtern gehaltenen skandinavischen Monarchien.

Die norwegische Prinzessin versuchte sich daher wegen ihrer großen Begeisterung für Pferde und den Reitsport an einer Reiterkarriere. Eine Zeit lang war sie sehr erfolgreich als Springreiterin auf internationalen Turnieren unterwegs, zeitweise sogar als Mitglied der norwegischen Nationalmannschaft. Im Jahr 2000 beendete sie ihre Reitkarriere, um sich einer Ausbildung zur Physiotherapeutin zu widmen – denn ihre Schwägerin Mette-Marit war nicht die Einzige, die schon seit Jahren von Märthas sensiblen Händen und ihrem Einfühlungsvermögen schwärmte.

Prinzessin Märtha Louise Ende der Neunziger bei einem Reitwettbewerb
Prinzessin Märtha Louise Ende der Neunziger bei einem Reitwettbewerb
© Band Photo/ / Picture Alliance

Für Unruhe auch über Norwegen hinaus sorgte 2007 die Gründung von Märthas Louises "Engelsschule" namens "Astarte Education", zusammen mit ihrer Freundin Elisabeth Nordeng, die sie einige Jahre zuvor auf einem Esoterik-Seminar kennengelernt hatte. In der internationalen Spirituellen-Szene sind beide Frauen für ihre Vorträge und Seminare seitdem bekannt und beliebt. Ihr inzwischen in "Soulspring-Zentrum" umbenanntes Institut machte zuletzt gute Gewinne.

Prinzessin Märtha Louise wurde hochsensibel geboren

© Goldmann

Prinzessin Märtha Louise und Elisabeth Nordeng

"Hochsensibel geboren. Wie Empfindsamkeit stark machen kann"

288 Seiten

12 Euro

Goldmann Verlag

Einen anderen Teil ihrer Persönlichkeit verbarg die Prinzessin bisher vor der Öffentlichkeit: Sie wurde hochsensibel geboren, empfindet Umwelteindrücke besonders stark – im Grunde so wie eine reale Prinzessin auf der Erbse, die sogar durch mehre Matratzen hindurch spürt, wenn etwas ganz Kleines darunter liegt.

Im Gespräch mit dem stern erzählte Märtha Louise jetzt, dass sie diesen "Prinzessinentest" aus dem bekannten Märchen von Hans Christian Andersen als kleines Mädchen tatsächlich mal gemacht hat, allerdings trotz der aus der Palastküche entwendeten Erbse im Bett gut schlief.

Etwas anderes aber war ihr damals überhaupt nicht geheuer. Sie bemerkte häufig bei anderen Mensche Dinge, die andere nicht sahen: "Ich erinnere mich, dass ich als Kind mal zu meinen Eltern über eine Freundin der Familie sagte: Schaut mal, die ist ja richtig traurig und wütend! Und alle meinten: 'Ach was, ihr geht es gut, das bildest du dir nur ein!' Später stellte sich heraus, dass die Betreffende gerade dabei war, sich scheiden zu lassen, nicht darüber reden wollte und deswegen nur nach außen ganz fröhlich tat. Außer mir hatte das keiner erkannt, das war für mich sehr verwirrend. Also fing ich an, meine andersartigen Empfindungen in mir zu verschließen, sie zu unterdrücken, was sehr schwierig und anstrengend war." Das ist einer der Gründe, warum ihr bis heute Pferde und das Reiten so wichtig sind: "Tiere sind ehrlich in ihrem Fühlen und Verhalten, da muss man nichts interpretieren."

So richtig bewusst wurde der Prinzessin erst im Jahr 2013, dass sie - und auch ihre Freundin Elisabeth -  einer durchaus großen Gruppe von Menschen  angehören, die so ticken wie sie. Der Auslöser dafür war die norwegische Übersetzung eines Fachbuches der amerikanischen Autorin Elaine Aron mit dem Titel "Sind Sie hochsensibel?".

Das war für beide eine überraschende Erkenntnis, daher begannen sie zusammen an einem Buch über dieses Phänomen zu arbeiten, um andere Hochsensible zu ermutigen, zu ihrer Besonderheit zu stehen. "Wir sind so sehr daran gewöhnt, uns von klein auf an gesellschaftliche Erwartungen anzupassen, dass wir im Zweifel eher annehmen, dass mit uns selbst etwas falsch ist, wenn diese Erwartungen und unsere Bedürfnisse nicht zusammenpassen", berichtet Märtha Louise. "Bis ich sieben Jahre alt war, dache ich, alle Menschen müssten eigentlich so sein wie ich. Nun lernte ich, dass Hochsensibilität ein angeborener Teil der Persönlichkeit ist, der aber sehr unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Nach neuesten Erkenntnissen sind bis zu 30 Prozent aller Menschen so, Frauen und Männer gleichermaßen, überall auf der Welt."

Hochsensibilität ist noch nicht ausreichend erforscht

Wissenschaftlich so richtig erforscht ist das Thema Hochsensibilität bisher nicht. Bis heute gilt der 1996 von Aron entwickelte – eher als populärwissenschaftlich zu bezeichnende - Fragebogen zur Hochsensiblität als erstes Diagnose-Instrument.

Aron hatte den Begriff bereits 1987 geprägt, 2011 erst führte sie eine Studie durch, für die sie hochsensible und normale Studenten in einen Magnetresonanztomographen schob und ihnen sich verändernde Landschaftsbilder zeigte. Im Vergleich zu den "Normalos" brauchten die Hochsensiblen länger, um die Unterschiede zu erkennen, was daran lag, dass sie offenbar sehr viel differenzierter hinguckten, also mehr Informationen aufnahmen. In ihren Gehirnen war der Bereich für visuelle Wahrnehmung deutlich aktiver.

Es ist jedenfalls nicht zu leugnen, dass manche Menschen für Eindrücke aus ihrem Umfeld überdurchschnittlich empfänglich sind. Co-Autorin Elisabeth Nordeng zieht beim Interview zur Erklärung den eindrucksvollen Vergleich: "Früher war es im Bergbau üblich, kleine Vögel in Käfigen mit in den Stollen zu nehmen, als Indikator, wenn die Luft zu schlecht wurde, also mit den Umweltbedingungen für die Bergleute unter Tage etwas nicht mehr stimmte. So ähnlich kann es mit Hochsensiblen sein: Sie spüren ganz deutlich, wenn in ihrer Umgebung menschlich etwas nicht stimmt, zum Beispiel Spannungen und Konflikte, die in der Luft liegen."

Prinzessin Märtha Louise mit ihren Töchtern Lea, Maud und Emma
Prinzessin Märtha Louise mit ihren Töchtern Lea, Maud und Emma
© Albert Nieboer / Picture Alliance

Heute haben beide Autorinnen gelernt, sich rechtzeitig abzugrenzen, wenn zu viele Empfindungen auf sie einstürmen. Das hilft ihnen, ihre Hochsensibilität als Gabe zu begreifen und in ihren Seminaren einen positiven Umgang damit an andere Betroffene weiter zu geben.

Pläne für ein neues Projekt haben die Prinzessin und ihre Freundin auch schon: "Als nächstes werden wir ein Buch über Hochsensibilität bei Kindern schreiben, weil wir inzwischen immer wieder Eltern begegnen, die nicht wissen, wie sich verhalten sollen, wenn ihr Nachwuchs ungewöhnlich empfindsam reagiert."

Ob eine ihrer drei Töchter die Prinzessin zu den neuen Buchplänen inspiriert hat, will die Mutter von Maud, Leah und Emma nicht verraten. Aber sicher haben die drei Königskinder zu Hause in Norwegen auch schon den Erbsen-Test gemacht.

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