Die Briten machen sich über ihn lustig: "Der ewige Thronfolger" wird der Mann mit den Segelohren genannt. Während andere Männer in seinem Alter bereits an die Rente denken, liegt die Aufgabe seines Lebens noch vor ihm. Seit nunmehr 60 Jahren bereitet sich Prinz Charles auf den Thron vor. Kein anderer Anwärter in der Geschichte der britischen Monarchie befand sich so lange im Wartestand auf die Krone. Und keiner war so unbeliebt wie er. In vielen Meinungsumfragen sprach sich eine Mehrheit seiner Untertanen immer wieder dafür aus, Charles in der Thronfolge zugunsten seines Sohnes William zu übergehen. Der ewige Prinz, er sollte niemals König werden. Doch jetzt scheint sich das Blatt für Charles zu wenden.
Eine Umfrage des britischen Meinungsforschungsinstituts "YouGov" im Auftrag der "Sunday Times" ergab, dass 44 Prozent der Briten Charles auf dem Thron sehen wollen. Nur 38 Prozent sprachen sich dafür aus, die Nummer eins in der britischen Thronfolge zu übergehen und direkt seinen Sohn, Prinz William, zum König zu machen. Noch vor zwei Jahren sahen die Zahlen für Charles deutlich schlechter aus. 2010 zogen in einer ähnlichen Umfrage des gleichen Instituts 56 Prozent William als nächsten König vor. Nur 15 Prozent stimmten für Charles. Woher kommt der deutliche Stimmungsumschwung zugunsten des Prinzen von Wales?
Charles ist fleißig, aber unsympathisch
Eigentlich macht Charles genau das, was er immer macht. Er nimmt offizielle Aufgaben wahr. Täglich schüttelt er Hände, besucht Krankenhäuser oder eröffnet Museen. Der Prinz ist Präsident von 20 Wohltätigkeitsorganisationen und Schirmherr von 400 Einrichtungen, engagiert sich für Umwelt- und Naturschutz, alternative Medizin, traditionelle Architektur, Bildung und Landwirtschaft. Und er ist Reisemeister. Unzählige Länder in der ganzen Welt hat er besucht, sich mit etlichen Staatschefs ausgetauscht. Experten behaupten, es habe nie jemanden gegeben, der auch nur annähernd so viel von der Welt gesehen habe wie er. Noch nie war ein Prinz so gut auf seine künftige Aufgabe vorbereitet wie er.
Trotzdem haben ihm die Briten diese Expertise nicht gedankt. Das liegt vor allem daran, dass er kein Sympathieträger ist. Charles ist kein Mensch, dem die Herzen zufliegen. Er gilt als hölzern, arrogant und altmodisch. Dass er Prinzessin Diana mit Camilla betrogen hat, haben ihm viele seiner Kritiker bis heute nicht verziehen. Der Gipfel der Peinlichkeit war ein heimlich mitgeschnittenes Telefonat, bei dem Charles seiner Geliebten in den Hörer säuselte, er wolle ihr "Tampon" sein. Das neue Paar war lange Zeit das Hassobjekt der britischen Medien. Sie wurde "das Pferd" genannt und die Zeitungen überboten sich damit, möglichst unvorteilhafte Fotos Camillas zu veröffentlichen.
Charmeoffensive dank Camilla
Doch vor allem der einst geschmähten Camilla ist es zu verdanken, dass Charles jetzt bei seinen Untertanen punkten kann. "Die Briten erkennen an, dass Charles mit Camilla sein spätes Glück gefunden hat", erklärte Adelsexperte Rolf Seelmann-Eggebert im ZDF. "Die beiden wirken wie ein gemeinsam alt gewordenes Ehepaar". Er sei ausgeglichener, fröhlicher als früher, heißt es. Offenbar hat ihm sein neues Glück mehr Selbstvertrauen und Gelassenheit als früher geschenkt. Charles hat an Camillas Seite eine Charmeoffensive gestartet - mit Erfolg.
Beim Thronjubiläum seiner Mutter, Königin Elisabeth II., hielt er eine bewegende Rede, die ihm viele Punkte eingebracht hat. Und Charles kann inzwischen sogar witzig sein: Bei einer Führung durch die Studios des britischen Fernsehsender BBC in Glasgow betätigte er sich als Wettermoderator und machte die Vorhersage für Schottland - nicht ohne die königlichen Schlösser auf Balmoral und Mey zu vergessen. Während Camilla neben ihm im Hintergrund stand, witzelt er mit einem verschmitzten Lächeln: "Es wird ein kalter Tag überall mit Höchsttemperaturen von acht Grad und einem flotten Nordwind. Gott sei Dank ist es kein nationaler Feiertag." So viel schwarzen britischen Humor hätten ihm wohl nur die wenigsten zugetraut. Es heißt, er hätte ihn von Camilla.