Nach dem Schock über die Unfallbilder von Prinzessin Diana im US-Fernsehen hat ihre Familie nun neue Sorgen. Dianas Mutter, Frances Shand Kydd, liegt nach Berichten vom Freitag mit einer unheilbaren Gehirnkrankheit im Krankenhaus. Dianas Geschwister, Lord Charles Spencer und Lady Sarah McCorquodale, hätten ihre 67 Jahre alte Mutter an ihrem Krankenbett in Schottland besucht, berichtete die "Press Association".
Sie hätten dabei versucht, Berichte über die Bilder der sterbenden Diana von der Kranken fern zu halten. Die vom US-Sender CBS ausgestrahlten Aufnahmen sind in Großbritannien bisher nicht gezeigt worden. Lord Spencer und seine Familie hatten sich über die Veröffentlichung "schockiert und angeekelt" gezeigt. Besonders für die Prinzen William und Harry, die beiden Söhne Dianas, sei dies "schmerzhaft". Das Königshaus schwieg eisern zu den Aufnahmen.
Rätseln über die Quellen
Die französische Justiz hatte am Donnerstagabend keine Erklärung, wie die US-Fernsehkette CBS an die Fotos von der sterbenden britischen Prinzessin Diana gekommen ist. Kopien der Ermittlungsakten seien allen am Verfahren beteiligten Parteien zugegangen, teilte der Justizpalast in Paris mit. Die am Unfallort am 31. August 1997 in einem Pariser Straßentunnel aufgenommen Fotos könnten daher von verschiedenen Quellen kommen.
Laut CBS stammen die Fotos aus den Ermittlungsakten, von denen der Sender eine vollständige Kopie besitze. Für die französische Justiz ist der Tod Prinzessin Dianas als Unfall wegen überhöhter Geschwindigkeit unter Alkoholeinfluss des Chauffeurs abgeschlossen. Die Veröffentlichung der Bilder in den USA hat in Großbritannien Empörung ausgelöst. Nach französischem Recht verletzen die Bilder die Intimsphäre der Unfallopfer.
Al Fayeds spricht weiter von "Mordopfern"
Bei dem Unfall wurden neben Diana auch ihr Freund Dodi al Fayed und Fahrer Henri Paul getötet. Entrüstung rief die Veröffentlichung bei Dodi al Fayeds Vater Mohamed hervor. Man dürfe keine Bilder von "Mordopfern" zeigen. Der aus Ägypten stammende Harrods-Besitzer Al Fayed hat wiederholt behauptet, Diana und sein Sohn seien ermordet worden. Die französischen Ermittlungen ergaben jedoch, dass der Unfall durch den angetrunkenen und zu schnell fahrenden Chauffeur verursacht wurde.
Auch Premierminister Tony Blair verurteilte die Veröffentlichung. "Ich glaube, jeder findet das geschmacklos", erklärte Blair in seiner monatlichen Pressekonferenz. Die Bilder könnten der Familie Leid zufügen. Der ehemalige Palastsprecher Dickie Arbeiter äußerte Besorgnis über die Auswirkungen auf die Söhne Dianas. "Das wird schmerzlich für sie. Sie sind jetzt junge Männer. Sie müssen damit für den Rest ihres Lebens zurechtkommen", sagte er.
"Neue Tiefen der Sensationslüsternheit"
Der frühere Leibwächter Dianas, Ken Wharfe, nannte die Veröffentlichung der Fotos "bedauerlich". Britische Zeitungen zeigten sich in ihren Donnerstagsausgaben empört. Der "Guardian" schrieb, CBS habe sich entschlossen, "neue Tiefen der Sensationslüsternheit" auszuloten. "Wut über TV-Foto von sterbender Diana", titelte die "Daily Mail". In einem Kommentar im "Daily Mirror" wurden die Bilder als "abscheulich" und "widerwärtig" bezeichnet.
CBS zeigte die Fotos am Mittwoch zehn Sekunden lang in der Sendung "48 Hours". Der Sender betonte, die Bilder seien nicht verstörend oder ausbeuterisch. Sie seien in einer vertraulichen Akte der französischen Ermittler enthalten gewesen. Bislang waren Bilder der verletzten Prinzessin nicht öffentlich gezeigt worden. Es wird aber vermutet, dass solche Fotos mehreren Presseorganen angeboten wurden.
Am Donnerstag verteidigte eine CBS-Sprecherin die Ausstrahlung abermals. Die Bilder seien im Zusammenhang mit einem Interview des Arztes gezeigt worden, der Diana am Unfallort behandelte. Sie hätten seine Äußerungen illustriert. Die Sprecherin verwies darauf, dass die Fotos nicht außerhalb der USA zu sehen gewesen seien.
Verstöße gegen Pressecodex
Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Michael Konken, warnte die deutschen Medien vor einer Nachahmung. "Die Veröffentlichung ist mit den Grundsätzen eines fairen und verantwortungsbewussten Journalismus nicht zu vereinbaren. Sie verstößt eindeutig gegen den Pressecodex", erklärte Konken. "Die Presse hat nicht die Aufgabe, die Sensationsgier einzelner über die ethischen Grundsätze der Gesellschaft zu stellen."