Moskau geht scharf gegen politische Dissidenten vor, aber auch Influencer mit Sex-Appeal müssen die Staatsmacht fürchten. Vor allem dann, wenn sie der Obsession nachgeben, erotische Posen ausgerechnet vor Kirchen oder bekannten staatlichen Institutionen zu fotografieren. Der tätowierte Streaming-Star Polina Murugina, 24, muss nun mit einer Geldstrafe von bis zu 3500 Euro oder einem Jahr Gefängnis rechnen. Sollte sie schuldig gesprochen werden, "die religiösen Gefühle von Gläubigen beleidigt zu haben".
Der Beweis im Internet
Die Fahnder hatten es nicht schwer. Polina hatte das Bild im letzten Sommer auf ihrem Instagram-Account veröffentlicht, vor Kurzem gab es eine Beschwerde. Der "Beweis" ist erdrückend: Im Vordergrund des Fotos prangt ihr tätowierter Po, dahinter sieht man die bekannte Kirche Fürbitte der Heiligen Jungfrau Maria in Moskau.
Nun wird die erotische Influencerin von den Behörden überprüft. Denn in Moskau gilt professionelles "Influenzen" als normales Gewerbe mit entsprechenden Auflagen. Vor einigen Jahren kam eine Influencerin auf der Bürgerfragen-Show des Kremls zu Wort. Zornig verlangte sie von Putin mehr Anerkennung für ihren Berufsstand und Regeln, wie Behörden mit Influencern und Bloggern umzugehen hätten. Der Kremlherr konterte trocken, dass es ihn freue, dass sie in Zukunft ihr Gewerbe anmelden und Steuern zahlen wolle.
Nicht der erste Fall
Vermutlich kooperiert die Tattoo-Schönheit Polina Murugina. Der Instagram-Account wurde zumindest vorübergehend deaktiviert. Echte politische Motive kann man bei ihr wohl ausschließen, Muruginas Einnahmen stammen aus der Erotik-Plattform Only-Fans. Auf anderen Bildern posierte sie als "Erotic Goth Nun" im Habit und in Fesseln, auch diese könnten das Gesetz über die religiösen Gefühle verletzen.
Dabei hätte Polina Murugina gewarnt sein können. Erst im letzten Jahr wurden Ruslani Murodzhonzoda, 23, und Anastasia Chistova, 19, zu zehn Monaten Arbeitslager verurteilt, weil sie ein vermeintliches lustiges Foto veröffentlichten, welches das Paar beim gestellten Oralverkehr vor der Basilius-Kathedrale auf dem Roten Platz zeigte. Er trug auch noch eine Polizeijacke. Beide hatten sich für den Streich entschuldigt, aber damit keinen Freispruch erwirkt. Die Basilius-Kathedrale gilt den orthodoxen Gläubigen als besonders heiliger Ort.