Der Astronaut war der Kommandant von Apollo 17 und der letzte Mann auf dem Mond. Vor 30 Jahren verbrachte der Amerikaner drei Tage auf dem Erdtrabanten.
Zur Person:
Eugene Cernan, 68, lebt auf seiner Ranch bei Kerrville, Texas. Er ist in zweiter Ehe verheiratet, hat drei Töchter und neun Enkelkinder. Cernan studierte Raumfahrttechnik in Kalifornien, bevor er mit 29 Jahren von der Nasa ins Astronautenteam berufen wurde. Drei Jahre später umkreiste er in der Gemini-9-Kapsel als jüngster Astronaut die Erde. Eigentlich hätte Cernan der erste Mann auf dem Mond sein sollen: Als Pilot von Apollo 10 aber musste er 1969 wegen technischer Probleme 15 Kilometer vor dem Mond wieder umkehren. Acht Wochen später landete dort Neil Armstrong. Erst am 11. Dezember 1972 betrat Cernan das Taurus-Littrow-Tal am Rande des Mare Serenitatis. Er hinterließ eine US-Flagge und schrieb die Initialen seiner Tochter in den Staub. Apollo 17 war die vorerst letzte bemannte Mondmission.
Was sehen Sie, wenn Sie heute den Mond anschauen?
Ich sehe das Tal, in dem ich gelebt habe. Es war für drei Tage mein Zuhause. Ich sehe die Berge, die Krater, den Staub, das Grau. Es ist wie eingefroren in der Erinnerung. Vor allem fühle ich die Stille, diese unbeschreibliche Stille. Es kommt mir manchmal selbst vor wie ein Traum, dass ich da oben war. Wie Science-Fiction.
Letzter Mann auf dem Mond - sind Sie stolz auf diesen Titel?
Nein - den wäre ich gern wieder los. Ich dachte damals, mir würde schnell jemand nachfolgen. Ich hab ja sogar mein Mondauto oben stehen lassen, man könnte sofort losfahren. Ich glaubte damals wirklich, inzwischen hätten wir einen Außenposten dort oben und würden regelmäßig hin- und herfliegen. Und ich dachte, wir wären längst auf dem Weg zum Mars.
Haben wir verlernt zu träumen - oder fehlt der Wettkampf mit den Russen?
Nein, was fehlt, ist eine Vision. Deshalb haben die Leute das Interesse verloren. Ich habe der Nasa jetzt vorgeschlagen, Teenager auf den Mond zu schicken. Da ist eine ganze Generation, die war noch nicht mal geboren, als wir oben waren. Es würde für immer ihre Perspektive ändern. Könnten mehr Menschen sehen, was ich gesehen habe, wäre die Welt eine andere.
Wirklich?
Alles wird relativ von dort oben aus. Mein Begriff von Zeit hat sich für immer geändert. Auf dem Mond ist ja ein Tag so lang wie 14 Tage auf der Erde. Ich stand da und sah, in Paris ist Abend, in Texas ist Zeit fürs Mittagessen. Es gab einen Punkt, da wusste ich mit Gewissheit, es muss jemand geben, der das alles erschaffen hat. Ich konnte wissenschaftlich nicht mehr erklären, was ich sah.
Sie waren der Held der Nation. Heute wissen die wenigsten, wer Sie sind. Kränkt Sie das?
Ich glaube, es ist noch zu früh, um zu verstehen, was Apollo für die Menschheit bedeutet. Das braucht noch 100 oder 200 Jahre. Es hat lange gedauert, bis wir begriffen haben, was Columbus 1492 erreicht hat.
Hat Sie das getrieben, der Wunsch, ins Geschichtsbuch zu kommen?
Nein, darum ging es mir nicht. Mich hat die Herausforderung gereizt. Ich wollte erreichen, was niemand vor mir erreicht hat. Ich lebte in einem Tal, das nie ein Mensch vor mir betreten hat.
Hat es sich gelohnt?
Ja, aber ich habe einen hohen Preis gezahlt. Meine Ehe ist daran zerbrochen. Ich hatte einen solchen Tunnelblick, ich war ja wie besessen vom Mond. Ich habe viele Geburtstage und Jahrestage vergessen.
Wie ging es Ihnen nach der Rückkehr? Sie hatten mit 38 das Unmögliche erreicht.
Das war schwierig. Man fährt nicht einfach auf einen anderen Planeten und macht weiter wie bisher. Es gab keine Herausforderung mehr. Ich habe lange gesucht. Ich habe die Nasa 1976 verlassen, bin ins Ölgeschäft eingestiegen, habe eine Beratungsfirma gegründet, dies und jenes gemacht. Irgendwann hab ich kapiert, dass es die kleinen Dinge sind, die das Leben ausmachen. Seitdem geht es mir gut. Ich habe wieder geheiratet, verbringe viel Zeit mit meinen Enkelkindern, spiele Golf und fliege mit meiner Propellermaschine umher. Vor elf Jahren habe ich eine Ranch gekauft. Ich habe Rinder, Pferde, Rehe. Es ist viel Spaß und viel Arbeit. Eine gute Therapie.
Und wenn Sie noch einmal zum Mond fliegen dürften?
Ich würde mich sofort auf die Reise machen. Es wäre, als würde ich an den Ort zurückkehren, an dem ich als Junge mit meinen Eltern war.
Interview: Steffi Kammerer