Die Münchner Skirennläuferin gewann bei den Olympischen Spielen 1988 in Calgary eine Goldmedaille in der Abfahrt und beendete kurz darauf ihre Sportkarriere STERN: War Ihr Rücktritt mit 23 Jahren nicht ein bißchen früh?
KIEHL: Ich hatte meine Goldmedaille in der Tasche und mein sportliches Ziel erreicht. Nach sieben Jahren im Weltcup war ich einfach neugierig auf das Leben außerhalb des Skizirkus. Hochleistungssport kann man sowieso nicht ewig betreiben, also habe ich auf dem Höhepunkt meiner Karriere Schluß gemacht, schließlich wird selbst einer Goldmedaillengewinnerin eine Berufsausbildung nicht nachgeschmissen. Ich wollte sehen, ob ich außer Skifahren noch andere Fähigkeiten habe.
STERN: Was haben Sie im Skizirkus denn entbehrt?
KIEHL: Es ist eine ganz eigene Welt, die natürlich ihre Reize, aber mit dem richtigen Leben wenig zu tun hat. Man ist wo-chenlang beim Training auf irgendeinem Gletscher, und während der Weltcupsaison tingelt man von einem Skigebiet zum nächsten. Nach so vielen Jahren ist dieser Ablauf nicht mehr spannend. Ich wollte mir neue Ziele stecken und habe deshalb ein Grafik- und Designstudium begonnen.
STERN: Sie sind in München groß geworden. Waren Sie im Kreise der überwiegend aus den Alpen stammenden Teamkollegen nicht Exotin?
KIEHL: Meine Teamkolleginnen waren alles andere als Landpomeranzen. Man braucht sich ja nur Christa Kinshofer-Güthlein anzuschauen. Die kommt aus Miesbach und ist ein richtiges Glamourgirl.
STERN: In den Medien hatte es geheißen, daß sie ihre Silber- und Bronzemedaillen weitaus besser in klingende Münze verwandeln konnte als Sie Ihre goldene.
KIEHL: Da wurden die abenteuerlichsten Hochrechnungen von unwissenden Journalisten aufgestellt, nur um Christa und mich in eine Konkurrenzsituation zu bringen.
STERN: Gab es die nicht?
KIEHL: Wir waren keine dicken Freundinnen, dazu sind wir zu unterschiedlich. Christa ist sehr extrovertiert und konnte gut mit den Medien. Ich war immer sehr direkt, habe gesagt, was mir nicht gepaßt hat. Da ist man schnell als zickig verschrien.
STERN: Wie gefällt Ihnen die Entwicklung im Damenskisport?
KIEHL: Aus deutscher Sicht natürlich gut. Wie die deutschen Mädchen in der vergangenen Saison abgeräumt haben, vor allem bei den Olympischen Spielen in Nagano, war einfach spektakulär. Und auch heuer läuft es gut, auch wenn die Leitfigur Katja Seizinger verletzt ist. Als Siegläuferin und Persönlichkeit wäre sie schon eine wichtige Stütze für das Team. Aber Gerg, Ertl und Häusl halten das Team auch ohne Katja auf Erfolgskurs.
STERN: Was verbindet Sie denn noch mit dem Skisport?
KIEHL: Ich habe in all den Jahren nach meiner Rennkarriere für meinen Heimatclub, den TSV 1860 München, Rennkurse für Jugendliche geleitet. Das hat mir riesigen Spaß gemacht, auch wenn ich seit der Geburt meiner Tochter Theresa etwas kürzertreten muß. Aber sobald sie Ski fährt, werde ich bestimmt wieder einsteigen. Ich habe auch Skicamps für eine Skifirma auf dem Rettenbachferner im Ötztal geleitet, auch das muß ich jetzt aus Zeitgründen aufgeben. Privat fahre ich natürlich weiterhin. Gerade waren wir in St. Anton am Arlberg im Skiurlaub, außerdem fahre ich gelegentlich in den USA bei Legendenrennen mit.
STERN: Wollen Sie wieder als Grafikerin arbeiten?
KIEHL: Ich habe vor der Geburt in Werbeagenturen und projektweise als freie Grafikerin gearbeitet. Vielleicht knüpfe ich wieder da an. Allerdings liegen derzeit alle beruflichen Pläne auf Eis. Kinder werden so schnell groß, da möchte ich später nicht bedauern, daß ich von der Entwicklung nichts mitbekommen habe.