Er war so etwas wie der Charles de Gaulle der Mode: Ein kreativer Vermittler zwischen Frankreich und Deutschland zur Nachkriegszeit, zweier Länder, die einander nach dem 2. Weltkrieg misstrauisch gegenüberstanden. So sieht es zumindest die Berliner Kulturbibliothek, die anlässlich des 60-jährigen Bestehens der Marke Dior eine Sonderausstellung unter dem Motto "Christian Dior und Deutschland, 1947 bis 1957" startet. "Wir wollten einen neuen, bisher unbekannten Aspekt aus Diors Leben hervorheben", erklärt Adelheid Rasche, Kuratorin der Berliner Kulturbibliothek. In dem Museum am Potsdamer Platz wird vom 13. Februar bis zum 28. Mai 2007 anhand von knapp 200 Ausstellungsstücken gezeigt, dass Diors Mode auch im Deutschland der Nachkriegszeit eine Rolle gespielt hat.
Zwar war Christian Dior nur einmal im Nachbarland zu Besuch, 1955 für eine Geschäftsreise, die nicht länger als eine Woche dauerte. Doch er entdeckte hier etwas, das er so in Frankreich nicht finden konnte: deutsche Wertarbeit. Vor allem für seine Accessoire-Kollektionen nutzte der Couturier die Kunst der Pforzheimer Goldschmieden, die für ihn in weltweiter Lizenz fertigten. 24 dieser mit Strasssteinen und Perlen besetzten Schmuckgarnituren werden nun erstmals in Berlin gezeigt.
Als weitere Highlights zeigt die Kulturbibliothek 20 originale Couture-Kleider und Filme diverser Modenschauen, die in der Zeit zwischen 1949 und 1953 aufgenommen wurden. Allerdings nicht in Paris, dort, wo sie heute an imposanten Schauplätzen stattfinden, sondern in Berlin, Hamburg und München. Kam die deutsche Frau schon nicht nach Paris, dann kam Diors Mode wenigstens nach Deutschland. Zweimal jährlich reisten seine Hausmodelle um die Welt, um seine neuesten Kreationen vorführen zu können. "Paris empfiehlt", hieß es damals. So exklusiv wie heute ging es allerdings nicht zu. Die Veranstaltung war öffentlich, eine Eintrittskarte kostete 10 Mark. Den Erlös spendete der Designer deutschen und französische Hilfsorganisationen wie dem Roten Kreuz.
Neben Cristobal Balenciaga war Christian Dior einer der bedeutendsten Couturiers des 20. Jahrhunderts. Schade nur, dass die Berliner Kunstbibliothek momentan das einzige Museum ist, das den Modeschöpfer mit einer Ausstellung ehrt. Weder der Pariser Louvre noch das Victoria & Albert Museum in London haben Interesse am Couture-Jubiläum gezeigt. Aber vielleicht haben sie dieses Ereignis auch nur verschlafen. Pünktlichkeit ist schließlich eine Tugend der Deutschen.