Bei "Real" waren sie bereits im Angebot: "Ed Hardy"-T-Shirts und -Badelatschen. Auch Bettwäsche mit dem Totenkopf gab es. Sie lag sortiert nach den Farben Weiß und Schwarz an den Wühltischen am Ausgang. Für 69,95 Euro. Dazwischen allerlei Krimskrams wie Pfannen und Luftmatratzen. Es ist das traurige Ende einer Marke, die einst so glamourös gestartet war. Prominente wie Nicole Kidman oder Madonna trugen "Ed Hardy". Warum? Nur wegen ihm, dem genialen Geschäftsmann Christian Audigier.
Er war der Mann hinter den inzwischen so verhassten Totenkopfshirts. Der gebürtige Franzose Christian Audigier kam 1999 nach Los Angeles. Er träumte von einer Karriere als Sänger, doch wenn er sich irgendwo vorstellte und ein Demoband einreichte, winkten die Plattenbosse ab. Völlig unbrauchbar. Gezwungenermaßen verlegte sich Audigier auf das Ausstatten von Musikern - und hatte dabei eine zündende Idee.
Die vielen Tattoos der Kids auf den Straßen von L.A. hätten ihn inspiriert, sagte er 2007 zum stern. Nachdem er bereits für Labels wie "Bisou Bisou", "Diesel" und "Von Dutch" gearbeitet hatte, deren Baseballcaps dank seiner Kreativität erst bei Gangsterrappern und dann bei halb Amerika beliebt wurden, wollte er sein eigene Marke gründen. Eine, die Tattoo-Motive zu ihrem Markenzeichen macht. Da Audigier von der Nadelkunst selbst keine Ahnung hatte, kaufte er 2002 dem Tattookünstler Ed Hardy die Rechte an Schriftzügen und Bildern ab. Der Anfang des Siegeszugs der Totenkopfmode.
Während sich der echte Ed Hardy mit dem Verkaufserlös auf Hawaii zur Ruhe setzte, begann Christian Audigier seine Shirts und Käppis zu vermarkten. Für Werbung fehlte ihm das Geld, so begann er seine Sachen an die Prominenz zu verschicken. Heid Klum bekam ein T-Shirt, Britney Spears und auch Madonna. Und die liebten die Mode mit den quietschbunten Aufdrucken, den Tigern und Herzchen und dem unverkennbaren "Ed Hardy"-Schriftzug. Binnen kurzer Zeit wurde die Marke bekannt und machte Audigier zum Liebling der Stars. Und ihn selbst zum Millionär.
Diese Stars trugen Mode von Ed Hardy

Audigier erfand die "Celebrity Wear"
Audigier war plötzlich der Liebling der Stars, der amerikanische Michael Ammer. In ärmlichen Verhältnissen groß geworden, kostete er seinen neu gewonnen Luxus aus. Autos, Häuser, wilde Partys und Frauen - Christian Audigier lebte den amerikanischen Traum. "Von ganz unten zum King of Fashion" hatte er seine 2011 erschiene Biografie genannt. Und der King, das war er nur zu gerne. Er nutzte seine Beziehungen zu Madonna und Michael Jackson, um selbst bekannt zu werden. Seinen Namen kannten bald ebenso viele wie seine Marke.

Doch genauso schnell wie die Totenkopfwelle anrauschte, verebbte sie auch wieder. Ähnlich wie "Buffalos" oder "Abercrombie&Fitch" erlebte die Marke einen rasanten Niedergang. Statt sie zu erneuern, wählte Geschäftsmann Audigier einen anderen Weg. Er presste den Erfolg aus wie eine Zitrone. So landeten seine T-Shirts eben nicht nur im Supermarkt, sondern am Ende sogar bei Discountern wie Aldi - zusammen mit seinem Parfüm. Aus dem Chic West-Hollywoods wurde der Streetstyle Neuköllns. Der Untergang für "Ed Hardy".
Totenköpfe erst auf dem roten Teppich, dann am Krabbeltisch
Die Marke war bei den Prolls angekommen. Nicht mal mehr der Franzose selbst zog seine Mode an. "Ich verurteile keinen dafür, wie er lebt und sich kleidet, aber ich selber trage keine Ed-Hardy-T-Shirts", sagte Audigier 2011 der "Welt". Im gleichen Jahr verabschiedete er sich von dem Label, das er groß gemacht hatte. Audigier verkaufte die Lizenz für 37 Millionen Euro an das New Yorker Unternehmen Iconix, die der Marke eine Neuausrichtung geben wollte. Doch der Niedergang war nicht mehr aufzuhalten.
In dieser Woche ist Audigier im Alter von nur 57 Jahren gestorben. Erst im April gab er bekannt, dass er an Knochenmark-Krebs leidet. "Ed Hardy" ist Audigiers Lebenswerk. Ein geniales. Nicht so sehr wegen der Mode an sich. Die kann durchaus als ordinär und gewöhnlich bezeichnet werden. Sondern wegen seines Vermarktungskonzeptes. Stars bekommen umsonst Mode zur Verfügung gestellt, machen sie damit bekannt. Die beste Erfindung Audigiers. Und nicht Totenköpfe mit roten Rosen.