Modelabel Hervé Léger Bloß nicht platzen!

Von Kerstin Teuber
Statt auf Wickelkuren schwören Stars wie Victoria Beckham und Lindsay Lohan auf Bandagenkleider von Hervé Léger. Das totgesagte Modelabel aus den Neunzigern erlebt ein überraschendes Comeback.

Als Victoria Beckham während der New Yorker Modewoche 2007 in einem hautengen Minikleid auftauchte, stockte vielen Gästen der Atem. Der magere Körper der Fußballer-Gattin steckte in einer Robe, die von silbernen und violetten Bandagen gehalten wurde. "Ob sie vergessen hat, ihre Presswickel abzunehmen?", lästerten böse Zungen. Beckham, deren Modeexperimente nicht selten für Getuschel sorgen, erntete reichlich Spott. Einer allerdings konnte von ihrem Auftritt profitieren: Max Azria. Der amerikanische Designer hatte Beckhams Kleid geschneidert. Nun nutzte er ihre Prominenz, um auf das von ihm neu aufgelegte Label Hervé Léger aufmerksam zu machen.

König der Frischhaltefolie

Bereits in den neunziger Jahren hatte die Marke mit gewagten Schnitten für Furore gesorgt. Damals hieß der Designer noch Hervé L. Leroux und hatte sich als "King of Cling", zu deutsch "König der Frischhaltefolie", einen Namen gemacht. Genervt vom damaligen Grau in Grau des "Heroin Chics", entwarf Leroux bunte Bandagenkleider, die wie eine zweite Haut saßen. Das Besondere: Er verwendete die elastische Faser Spandex, die taillenlosen Frauen eine Sanduhr-Silhouette formte und selbst knabenhaften Figuren üppige Dekolletés zauberte.

Seine erste Kollektion, die er 1992 auf dem Laufsteg zeigte, wurde mit Begeisterung aufgenommen. Allerdings verebbte der Erfolg im Laufe der Jahre. Dafür hatte Leroux selbst gesorgt: Statt das Design weiter zu entwickeln, hielt er an seinem Bandagenlook fest. Das gekreuzte Muster zierte alles, was das Modehaus hervorbrachte: Kleider, Schuhe, Badeanzüge und Taschen. Obwohl der Designer sein Label gegründet hatte, um der eintönigen Mode etwas entgegen setzen zu können, war er selbst der Langeweile verfallen. Das Unternehmen stand 1998 vor dem Bankrott.

Der Name steht für sexy Mode

Da der Name Hervé Léger aber noch immer für sexy Mode stand, nutzte der amerikanische Designer Max Azria die Gunst der Stunde und kaufte das Unternehmen im gleichen Jahr auf. Sein Ziel: Die französische Marke sollte das Image seines Konzern BCBG Max Azria Group aufwerten. Zunächst blieb Hervé L. Leroux als Chefdesigner angestellt, doch bereits ein halbes Jahr später verließ der Gründer das Label wegen "unüberbrückbarer Differenzen". Die Marke versank für elf Jahre in einem Dornröschenschlaf.

Dass heute Victoria Beckham und Hollywood-Schönheiten wie Mischa Barton und Lindsay Lohan ihre Kurven mit Hervé Léger-Kleider betonen, verdankt Max Azria nicht zuletzt dem Vintage-Boom. Da Designerroben aus den siebziger und achtziger Jahren mittlerweile wie Kostbarkeiten gehandelt werden, wagte er 2007 unter dem Namen Hervé Léger by Max Azria den Relaunch. Damit lag er voll im Trend. Denn auch Marken wie Halston, Pierre Cardin und Roger Vivier waren gerade erst mit reichlich Kapital neu aufgelegt worden.

Konkurrenz wird Azria aber nicht nur unter den entstaubten Labels finden, sondern auch in Hervé L. Leroux selbst. Denn der betreibt mittlerweile in der Pariser Rue Jacob unter eigenem Namen sein eigenes Label. Das neue Konzept ist das alte: Bandagenkleider. Verwechslung nicht ausgeschlossen.

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