Olympia-Mode Gnadenlose Modedesigner

Eröffnungsfeier in Athen: Die Ausstattung der Athleten war Geschmackssache - und darüber lässt sich manchmal nicht streiten.

Ein cremeweißes Designerkleid, eine Frisur, die kein Windstoß der Welt hätte zerstören können, ein Lächeln wie tausendfach geübt: Gianna Angelopoulos-Daskalaki hat den größten Laufsteg der Welt genutzt. Vor geschätzten 3,8 Milliarden Fernsehzuschauern machte die Organisationschefin bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Athen eine klasse Figur. Die "First-Class-Lady" war ein Hingucker. Viele Sportler mussten sich dagegen beim Einmarsch der 202 Nationen dem Diktat gnadenloser Modedesigner beugen und schwitzten in ihren fantasielosen Anzügen.

Die Ausstattung der Athleten ist wie immer Geschmacksache - und darüber lässt sich manchmal nicht streiten. "Eine gute Tarnfarbe für Griechenland. Da sieht man uns von oben nicht", kommentierte Segler Roland Gäbler die erdfarbenen Anzüge der deutschen Olympia-Teilnehmer. Mit der Nachhaltigkeit sei das so eine Sache - "dunkle Sakkos kann man besser wiederverwenden".

Doch die Sportler wussten sich wenigstens bei den Accessoires zu helfen: Der Innenraum des Olympiastadions geriet zur großen Tauschbörse. "Einige Athleten kamen heute Nacht mit Turban nach Hause", berichtete Gäbler. Das deutsche Team trug - entsprechend der offiziellen Kleiderordnung - besagten Anzug, gestreiftes Hemd und apricotfarbene Krawatte sowie Panamahüte, die Damen liefen in ihren weiß-apricotfarbenen Kombinationen ein. "Sie waren am schicksten angezogen", lobte die griechische Tageszeitung "Eleftherotypia".

Im Gegensatz zu den Wettkämpfen zeigten die Athleten wenig Haut

Beim Defilee setzten nur wenige Nationen modische Glanzpunkte: die Bermudas traditionell mit ihren gleichnamigen Shorts, die arabischen Länder in ihren bodenlangen weißen Gewändern, Grenada mit aus Bananenblättern geflochtenen Hüten, Indien mit orangefarbenen Turbanen, Kiribati mit Baströckchen und nackten Oberkörpern, Burundi mit Federschmuck auf dem Kopf, die Malediven mit dunkelroten Seidenkleidern.

Im Gegensatz zu den Wettkämpfen zeigten die Athleten wenig Haut: Bleistiftrock statt Mini, Caprihose statt knappen Shorts, Hemd statt Muskelshirt. Auch der Retrolook war bei der Eröffnungsfeier nicht angesagt. Manche Sportler wie jene aus Haiti liefen - vielleicht auch mangels potentem Ausrüster - in Trainingsanzügen ein. Viele mussten ihre Traumfiguren in biederen "Zwangsjacken" verhüllen wie die Aktiven aus Aserbaidschan und Kasachstan.

Der Stoff, aus dem die modischen Alpträume sind

Beim Bemühen, neue Trends zu setzen, scheiterten vor allem die Belgier in einer kampfrichterähnlichen Kombination in Grün-Grau, die in bonbonrosa gekleideten Damen aus Moldawien und die Russen, deren Sportlerinnen auch noch auf hohen Absätzen einmarschieren mussten: beige Faltenröcke und weite Jackets. Der Stoff, aus dem die modischen Alpträume sind.

Ulrike John, dpa

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