Er wolle "Kleider für ein Leben schaffen, das es noch gar nicht gibt – für die Welt von morgen", sagte Pierre Cardin einmal. Das beweist, dass der Designer schon immer eines war: seiner Zeit voraus. Nun ist Cardin im Alter von 98 Jahren in einem Krankenhaus in Neuilly westlich von Paris gestorben. Das bestätigte seine Familie der Nachrichtenagentur AFP. Bis zu seinem Tod war Cardin Chef seines eigenen Unternehmens und über 70 Jahre in der Modebranche tätig. Solch eine Karriere kann kein anderer Couturier vorweisen.
Geboren wurde Cardin 1922 als Pietro Costante Cardin in der norditalienischen Region Venetien. Er war das jüngste von sieben Kindern eines Weinhändlers. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ging er nach Frankreich und arbeitete in Paris als Modezeichner. 1947 erhielt er eine Anstellung bei Christian Dior und war maßgeblich verantwortlich für dessen New Look: Kostüme mit schmalen Schultern, enger Taille und wadenlangen Röcken.
Die Beatles trugen Anzüge von Pierre Cardin
1950 gründete Cardin schließlich sein eigenes Label und schrieb mit seinen futuristischen Entwürfen Modegeschichte. Vor allem in den Sechzigern ließ er sich von Themen wie Weltraum, Kosmos und anderen Galaxien inspirieren. Er experimentierte mit neuen Materialien und knalligen Farben. Neben Paco Rabanne und André Courrèges gilt er als der prägende Designer der Swinging Sixties. Auch Filmstars wie Lauren Bacall und Raquel Welch ließen sich von ihm einkleiden. Die Beatles landeten 1963 durch Zufall in Cardins Pariser Boutique und kauften Anzüge mit rundem Kragen, ein Markenzeichen seiner Herren-Kollektion.

Nicht nur modisch, auch in vielen anderen Design-Bereichen war Cardin Vorreiter. Er stieg früh ins Lizenzgeschäft ein und verkaufte unter seinem Namen fast alles: Armbanduhren, Bettwäsche, Handtücher, Geschirr, Plattenspieler. Er arbeitete für die Automobilbranche und als Möbeldesigner gemeinsam mit Philippe Starck.
Einmalig ist hingegen sein Privatdomizil an der Côte d'Azur, der Palais Bulles. Erbaut wurde das kugelförmige Anwesen zwischen 1975 und 1989 von dem ungarischen Architekten Antti Lovag. Cardin erwarb die Villa 1991 und lebte rund 25 Jahre darin. 2017 sollte der "Blasenpalast" für 400 Millionen Euro verkauft werden, inzwischen kann man das Anwesen für Veranstaltungen und Hochzeiten mieten.
Mit Cardin hat die Modebranche einen ihrer letzten großen Couturiers verloren.