Biografie "Reserve" Der Mann hinter Prinz Harrys Memoiren: J. R. Moehringer ist Spezialist für verkorkste Familien

  • von Gerrit-Freya Klebe
Autor J. R. Moehringer
Gar kein Geist: Prinz Harrys Ghostwriter J. R. Moehringer
© Hutchins Photo/ / Picture Alliance
J. R. Moehringer hatte vor Prinz Harry schon andere Promis auf seiner Therapiecouch. Sie alle eint eine komplizierte Familiengeschichte.

J. R. Moehringer, 58, macht es wie die ganz Großen: Er nennt sich nicht beim vollen Namen, sondern lässt seine beiden Vornamen John Joseph zu J. R. einschmelzen. Doch im Gegensatz zu J. R. R. Tolkien und George R. R. Martin ist er kein Fantasy-Autor. Sein Fachgebiet sind ganz reale Themen, bei denen er sich nichts ausdenken sollte: Moehringer hat sich auf Memoiren spezialisiert. Aktueller Fall: Prinz Harrys Biografie "Spare" (deutsch: "Reserve").

Die erscheint am 10. Januar und dominiert schon vor Erscheinen die Schlagzeilen: Königsgemahlin Camilla eine "böse Stiefmutter", Prinz William "aggressiv" und Prinz Andrew "beschämend". Gegen ungefähr jedes Mitglied in der royalen Familie wird kräftig ausgeteilt. 

Wenn auch einige Details unter der Gürtellinie sein mögen, so ist doch der Schreibstil erstklassig. Schließlich wurde J. R. Moehringer im Jahr 2000 mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnet, dem wichtigsten Journalistenpreis weltweit. Zwei Jahre zuvor war er bereits nominiert gewesen. Seine Artikel erschienen regelmäßig in der "New York Times" und der "Los Angeles Times".

Prinz Harry: Sicher kein einfacher Fall für seinen Biografie-Schreiber

Im Anschluss ging es für den Journalisten nach oben: Mit seiner eigenen Biografie "Tender Bar" landete er auf den internationalen Bestsellerlisten. 2021 wurde sie von George Clooney sogar verfilmt. Wenn das mal keine Krönung war. Moehringer schrieb über seine Vater-Sohn-Beziehung. Sein Vater, ein Radio-DJ namens Johnny Michaels, soll demnach versucht haben, Moehringers Mutter zu ersticken. Er trieb sie der Erzählung zufoge mit einem Rasiermesser im Badezimmer in die Enge. Moehringer war noch ein Kleinkind, als sein Vater schließlich die Familie verließ, wie der "Express" berichtet.

Durch seine Biografie wurden auch andere wichtige Männer auf Moehringer aufmerksam: Tennisstar Andre Agassi vertraute ihm seine intimsten Details und Kinderheitstraumata an, die Moehringer in "Open" zu einer vielbeachteten Sportlerbiografie verwob. Über seine Arbeitsweisen berichtet die "Daily Mail": Moehringer erschuf demnach ein klassisches Therapie-Setting. Er saß in einem Stuhl mit einem Block auf dem Schoß und Agassi lag oder saß auf einer Couch.

Mit dem 20 Jahre jüngeren Prinz Harry dürfte sich die Zusammenarbeit allerdings etwas schwieriger gestaltet haben: Kurz nach dem Tod der Queen wollte er bei einigen pikanten Szenen wieder zurückrudern, wie die britische "Daily Mail" eine Quelle zitiert hatte: "Es könnte sein, dass einige Dinge in dem Buch nicht so gut aussehen, wenn sie so kurz nach diesen Ereignissen veröffentlicht werden. Er (Prinz Harry) möchte, dass Abschnitte jetzt geändert werden. Es handelt sich keineswegs um eine komplette Neufassung. Er möchte verzweifelt Änderungen vornehmen, aber es könnte zu spät sein."

Ob und wie viel tatsächlich noch entschärft wurde, ist nicht bekannt. Im Layout gleichen sich die beiden Bücher über Agassi und Harry jedenfalls sehr: Das Gesicht in Großaufnahme, darauf in weißen Versalien ein kurzer, prägnanter Titel. Beide schauen den Betrachter direkt an – und sind im Buchladen sicher nicht zu verfehlen. 

Quellen: "Express", "Daily Mail"

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