NEON-Redakteurin Denise heiratet im Juni – und ist damit in ihrem Freundeskreis eine der ersten. Da gibt es erstmal tausende Fragen, auf die sie eine Antwort sucht. Die wichtigste: Wie will ich eigentlich heiraten? In der NEON-Hochzeitskolumne "Ja, ich will ... aber anders" erzählt sie von der Planung einer Feier gegen das Klischee.
Als angehendes Brautpaar ist man immer und überall auf der Suche danach: Inspiration. So geht es auch meinem Freund und mir – selbst zwei Wochen vor unserer Hochzeit noch. Die eigene Feier soll schließlich die geilste Party werden, die man selbst und die Gäste je erlebt haben. Selbst wenn man eigentlich gar kein kompetitiver Typ ist, verspürt man immer den unterschwelligen Druck, mit den anderen Brautpaaren im gesamten Bekanntenkreis / Büro / Standesamt / Dorf / Universum mithalten zu müssen. Wehe, jemand könnte auch nur denken, dass dies oder das bei den anderen aber besser war.
Und wo findet man die kreativsten / individuellsten / besondersten Ideen? Natürlich auf Pinterest. Ich liebe es, mir ein fiktives, perfektes Leben auf zig verschiedenen Pinnwänden zu bauen. Aber wenn der Hochzeitstermin immer näher rückt, werden aus den harmlosen Inspirationsbildchen potentielle verpasste Chancen: Ist mein Kleid doch nicht fancy genug? Brauchen wir auch so viele Blumen? Muss ich für die Tischkarten erst Kalligrafie studieren? Und seit wann haben alle plötzlich Tischkarten?!
Ausgelutschte Hochzeitstrends auf Pinterest
Laut einer Studie der "Kartenmacherei" haben sich Brautpaare 2019 besonders bei der Dekoration (46 Prozent), den Blumen (40 Prozent) und den Hochzeitsoutfits (35 Prozent) auf Pinterest inspirieren lassen. Mich haben diese ganzen Trends auf fremden Pinnwänden und Instagram-Accounts irgendwann einfach nur noch verunsichert. Und irgendwann sahen die Hochzeiten dann auch alle gleich aus: Kupfer, Marmor, Boho, Blumen, noch mehr Blumen, wunderschöne Menschen in wunderschönen Kleidern. Zerstören Pinterest und Co. die Individualität? Bei meiner Inspirationsrecherche bin ich auf Trends gestoßen, die das vermuten lassen.
1. Die immer gleichen Einladungen
Brauner Karton, weiße Buchstaben und immer die selben beiden Schriftarten (runde Großbuchstaben oder Pseudo-Handschrift). Einladungskarten sehen im Moment irgendwie alle gleich aus. Ja, sie sind auch alle schön – aber so langsam auch irgendwie ausgelutscht. Zeit für etwas Neues!
2. Der kitschige Spruch auf der Tafel
Apropos immer die gleichen Schriftarten. Sehr beliebt sind momentan auch Tafeln, auf denen kitschige Liebessprüche oder berühmte Zitate draufstehen. Wie wäre es denn stattdessen mit einem Zitat des Brautpaares oder etwas, das die Gäste zum Lachen bringt? Die meisten "inspirierenden" Worte sind vor allem eins nicht: inspirierend.
Außerdem kann ich diese Schnörkelschrift nicht mehr sehen!
3. Eukalyptus. Überall Eukalyptus!
Kaum eine andere so unscheinbare Pflanze wie der Eukalyptus erlebt gerade einen derartigen Hype. Es gibt wohl weltweit kein Influencer-Wohnzimmer mehr ohne. Deswegen darf er natürlich auch bei einer Hochzeit nicht fehlen: auf dem Tisch, im Blumenstrauß, auf dem Kopf, auf der Torte ... Ich hatte noch nie einen Eukalyptus-Zweig in der Hand und kann ihn jetzt schon nicht mehr sehen.
4. Das Paarshooting mit Rauchbombe
Ja, vor fünf Jahren war eine bunte Rauchbombe vielleicht ein echter Hingucker auf Fotos. Das war aber bevor die halbe Welt damit eingenebelt wurde.
5. Die Fotobox mit lustigen Utensilien
Dass Fotoboxen mal ein Highlight auf einer Hochzeit waren, ist sogar noch länger her ...
6. Tierischer Besuch
Lamas sind nach den Einhörnern die neuen Hype-Tiere. Wie praktisch, dass man sie im Gegensatz zu Fabelwesen mieten kann – oder? Dass Tiere nicht auf Partys mit vielen Menschen gehören, muss ich hoffentlich niemandem sagen. Optional gibt es mittlerweile sogar Esel, die man als wandelnden Tresen buchen kann. Da kann man nur den Kopf schütteln ...
Der neuste Trend: die Pokémon-Hochzeit
Laut der Hochzeitsstudie der "Kartenmacherei" feiern nur ein Prozent der deutschen Paare eine Mottohochzeit. Es ist also ziemlich unwahrscheinlich, dass dieser neue Trend aus Japan auch bei uns Erfolg haben wird: die Pokémon-Hochzeit. Das Brautpaar verkleidet sich dabei allerdings nicht als die kleinen Monster. Dafür ist aber alles drumherum voller Pikachus: zwei Maskottchen mit Schleier und Zylinder, die Torte, das Essen, die Deko ... alles in Gelb oder mit Pokémon verziert. Kümmern muss man sich um nichts, denn die Planung übernimmt eine Firma, die offiziell mit Pokémon zusammenarbeitet.
Am Ende heißt es dann aber natürlich: Geschmäcker sind verschieden. Egal, ob ihr im kompletten Pinterest-Look oder mit Pickachu heiraten wollt – heiratet so, wie es euch gefällt. Aber lauft bloß keinen Trends hinterher, nur weil ihr meint, eure Gäste damit beeindrucken zu können. Das musste auch ich erst lernen.
Jede Woche gibt es eine neue Folge der NEON-Hochzeitskolumne "Ja, ich will ... aber anders". Alle bisherigen Kolumnen findet ihr hier:
Teil 1: "Ich heirate meinen ersten Freund: Warum ich keine Angst habe, etwas zu verpassen"
Teil 2: "Selbst ist die Braut: Darum habe ich gerne auf einen klassischen Heiratsantrag verzichtet"
Teil 3: "Ich hatte eine Verlobung ohne Antrag – brauche ich also überhaupt einen Ring?"
Teil 5: "Ist Heiraten eine Umweltsünde? Wie deine Hochzeit ganz einfach nachhaltiger wird"
Teil 6: "Keine Lust auf 08/15-Hochzeit? Bei diesen Einladungen sagt garantiert kein Gast ab"
Teil 7: "Danke, Theresia! Wegen deiner 'Hochzeit' habe ich keine Angst mehr vor meiner eigenen"
