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New Work Mate und Tischtennis? Millennial-Chef erklärt, was junge Menschen von Unternehmen wollen

Tischtennis
Tischtennis und Club Mate sind heute Usus in modernen Büros. Aber macht das einen Arbeitsplatz wirklich attraktiv?
© Getty Images
Früher wollte Falko Kremp Musiker werden – heute ist der 30-Jährige Deutschlandchef eines Digital-Start-Ups. Im NEON-Interview sagt er: Unternehmen müssen gar nicht hipp sein, um Millennials zu begeistern.

Lange galten wir Millennials, geboren zwischen den frühen 1980er Jahren und den späten 1990ern, als Arbeitstiere: Wir absolvierten Praktikum um Praktikum, ackerten viel und auch für wenig Geld, solange es in unseren Augen Sinn machte. Doch schon immer warf man uns vor, gleichzeitig viel mehr Wert auf die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf zu legen als alle Generationen vor uns. Die Generation Y und ihre Nachfolger aus der Generation Z seien heute stärker auf Sicherheit als auf beruflichen Erfolg bedacht, heißt es oft. Work-Life-Balance vor Erfolg – aber bitte zu einem passenden Gehalt. Und immer mehr Forscher verstärken diesen Eindruck: So fand zum Beispiel die "Working Better Together "-Studie heraus, dass viele Millennials sich in ihrem Job unterfordert und unfair entlohnt fühlen. 

Auch Falko Kremp gehört zu den Millennials. Der 30-Jährige ist seit 2018 Deutschlandchef des Online-Marktplatzes Fiverr, auf dem Arbeitgeber ihre Dienstleistungen anbieten können – von Tätigkeiten als Übersetzer bis hin zum Design von Websites. Nach seinem BWL-Studium war Kremp kurz Angestellter, und gründete danach mit Freunden eine Model-Buchungsplattform, die er gewinnbringend verkaufte. Seit mehreren Jahren ist er nun schon selbst Chef und spricht im NEON-Interview darüber, wie Arbeit Sinn haben kann und und warum er versteht, wenn junge Leute Influencer werden wollen.

Falko, du bist 30, hast bereits erfolgreich ein Unternehmen gegründet und verkauft und bist jetzt Deutschlandchef eines großen Digital-Start.Ups. Würdest du dich als klassischen Millennial beschreiben?

Man ist ja immer Kind seiner Zeit. Die Frage nach dem Sinn meiner Arbeit und auch nach Flexibilität und flachen Hierarchien in meinen Job sind mir sehr wichtig – da bin ich wohl ein klassischer Millennial, wenn man den Studien traut. Aber ich kann mit dem Begriff Work-Life-Balance, der immer im Zuge mit den Wünschen meiner Generation genannt wird, nicht wirklich etwas anfangen. Ich denke, ein Job sollte immer Teil des Lebens sein, sodass man gar nichts ausbalancieren muss.

Falko Kremp
Der 30-Jährige Falko Kremp arbeitete früher als Model, bevor er in das Start-Up-Business einstieg.
© privat

Viele Arbeitgeber haben das Gefühl, dass genau diese Einstellung bei den Millennials fehlt. Es heißt oft, die jungen Arbeitnehmer seien unflexibel, nicht leistungsbereit und hätten zu hohe Gehaltsforderungen.

Unsere Generation hat eine hohe Freiheitsliebe, genießt aber auch eine Freiheit, die vorher so nie auf dem Arbeitsmarkt zu finden war. Und damit steigen eben auch die Erwartungen. Ich denke, dass viele enttäuscht von den Arbeitgebern sind – denn die halten "New Work" oft für eine nette Ausstattung des Büros statt angepasste Reallöhne.

Was bedeutet denn New Work für dich?

Für mich ist New Work vor allem Selbstbestimmung und selbstbestimmtes Arbeiten. Heute sitzt niemand mehr 40 Jahre in einem Job – Arbeit soll Sinn haben, aber das muss eben nicht an einem festen Arbeitsplatz sein. Um das umzusetzen, müsste es aber mehr Flexibilität im Arbeitsmarkt geben, damit man sich in jeder Art von Job frei entfalten kann – ob als Angestellter oder freiberuflich, ob im Sabbatical oder als Streetworker.

Aber kann Arbeit wirklich immer Sinn ergeben oder Sinn stiftend sein?

Alle reden heutzutage von "Purpose", also dem Sinn, den die Arbeit hat. Aber das muss aus meiner Sicht nicht immer heißen, die Welt zu retten. Arbeit muss nicht immer einen hochtrabenden Sinn für die Gesellschaft haben, sondern vor allem für dich persönlich. Wenn du sagst: Arbeit ist mir an sich nicht wichtig, aber ich habe ein ausgefülltes Privatleben, ist das ja für dich ein Gewinn.

Was muss sich da auf dem Arbeitsmarkt noch ändern?

Wir sind gerade noch mitten in einem Veränderungsprozess. Alle reden von Digitalisierung und Purpose, aber wir führen eine Metadebatte. Wozu genau das führen wird, ist glaube ich noch gar nicht klar. Und die Frage ist ja auch: Muss jetzt jeder Mittelständler eine Tischtennisplatte und einen Kühlschrank mit Club Mate in den Pausenraum stellen, um cool und modern zu sein? Ich glaube nicht. Um attraktiv zu sein, muss man nicht unbedingt dem Mainstream folgen, sondern etwas bieten, das zum eigenen Unternehmen passt und für die eigene Zielgruppe interessant ist.

Du hast selbst gemodelt, eine Modelbuchungsplattform gegründet und auch mit Influencern zusammengearbeitet. Hat Social Media das Verständnis von Arbeit verändert?

Ich glaube, dass jede Generation ihre eigenen Idole hat. Ich wollte zum Beispiel immer Musiker werden, weil ich in den 90er Jahren bei MTV und Co. Musiker gesehen habe und ihr Leben cool fand. Heute sind die Idole der Jugend eben Influencer. Aber das muss nicht unbedingt negativ sein. Es zeigt, dass man mit seiner Idee als Selbständiger Geld verdienen kann. Du musst also keinen Job machen, nur um des Geldes willen. Du kannst das machen, was dir Spaß macht und damit Geld verdienen.

Aber gaukeln gerade Influencer nicht eine Scheinwelt vor?

Ich glaube nicht, dass da ein falsches Bild widergespiegelt wird. Sonst könnte man ja auch sagen, dass MTV mir damals ein falsches Bild von einer Karriere als Musiker vorgegaukelt hat. Als ich Musiker werden wollte, habe ich mich mit meiner eigenen Kreativität beschäftigt und mich gefragt, womit ich denn Geld verdienen könnte. Daraus habe ich viele Learnings gezogen. Werden später alle Influencer oder Musiker? Wahrscheinlich nicht. Aber sie lernen eben auf dem Weg auch, wie sie mit Themen umgehen, die sie interessieren und wie sie daraus etwas machen können.

Was würdest du jungen Arbeitnehmern als Tipp mit auf den Weg geben?

Ich würde jungen Menschen raten, nicht Praktikum nach Praktikum oder Reise nach Reise zu machen, weil alle das tun. Man sollte eher herauszufinden, wer man ist und was und wie man wirklich arbeiten will. Das ist natürlich bei jedem anders und nicht immer einfach, aber es lohnt sich, in sich hineinzuhorchen. Mir hat es geholfen, viel zu lesen und mich bei all meinen Entscheidungen zu fragen, ob ich das wirklich auf Dauer machen will. 

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