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Trends Millennials sind womöglich die erste Generation, die bewusst versucht, ihre jüngeren Nachfolger nachzuahmen. Warum ist das so?

Trends : Millennials sind womöglich die erste Generation, die bewusst versucht, ihre jüngeren Nachfolger nachzuahmen. Warum ist das so?
© PeopleImages / Getty Images
Die sozialen Netzwerke sind voller Tipps, wie man als Mittdreißiger(in) den Look von Zwanzigjährigen kopieren kann. Noch nie waren sich zwei Generationen so merkwürdig nah, oder wollten sich so nah sein, wie aktuell die Millennials und die Gen Z. Eine Analyse.

Es gibt zwei Dinge, an denen Sie einen trendigen, jungen Menschen erkennen, falls Sie selbst kein solcher mehr sein sollten: An seinem Mittelscheitel und an seinen aus den Schuhen ragenden Socken. Wie das mit Mode so ist, muss man das natürlich jetzt schon wieder ein bisschen revidieren: Statt Mittelscheitel und Prinzessin-Leia-Knödeln sieht man bei den wirklich jungen, wirklich trendigen Menschen inzwischen auch, halten Sie sich fest, Vokuhilas. Die Gen Z (geboren zwischen ca. 1995 und 2010) nennt das allerdings – anglisiert – lieber mullet, damit es nicht so peinlich ist. Aber so ganz allgemein können Sie von den oben genannten beiden Punkte recht treffend auf das Alter eines Menschen schließen.

Warum? Weil wir Millennials (geboren zwischen ca. 1980 und 1995) immer noch lieber Seitenscheitel tragen. Da haben Sie vielleicht noch nie bewusst drüber nachgedacht, aber wenn Sie mal in Gedanken ihren Bekanntenkreis zwischen 30 und 45 durchgehen, werden Sie überrascht nicken müssen. Kein Wunder: Der Seitenscheitel war sicher 15 Jahre lang die Standardfrisur der coolen Mädchen und Frauen (und Männer!). Allerspätestens in der Emo-Periode so ab 2008 ging eigentlich nichts anderes mehr. Und das hatte Gründe: Die meisten von uns wurden als Kinder in den 90ern mit einer Frisur wie der von DJ Tanner aus der Original-"Full House"-Serie vor die Tür geschickt. Das traumatisiert! Alles, was wir wollten, war diese unsägliche Fluffigkeit von unseren Köpfen verbannen!

Millennials gegen Gen Z: Eine Sache der Socken

Und die Socken. Wir Millennials haben uns über Jahre mit diesen lästigen Füßlingen und Sneakersocken gequält. In 90 Prozent der Fälle sind die Dinger an den Hacken in den Schuh gerutscht. Aber: sichtbare Socken gingen halt gar nicht. Deutsche Touris an den Stränden Mallorcas, die zeigen ihre Sportsocken in den Trekking-Sandalen – aber doch niemand mit Würde und Geschmack? Das Sockenproblem kam bei uns auf, als ab etwa 2005 die bodenlangen Schlaghosen, mit denen wir durch die Jahrtausendwende schlurften, langsam von den Skinny Jeans abgelöst wurden. Plötzlich sah man die Knöchel. Und dann wurden auch noch, jawohl, Ballerinas modern. Kann man ja jungen Menschen gar nicht erklären, Ballerinas, aber so war das eben. Und Ballerinas mit Sportsocken? Nee nee.

Aber warum beschäftigt uns das überhaupt? Uns gestandene, entspannte Erwachsene, die absolut ungerührt weiter ihr Haar in die Stirn kämmen und ihre bloßen Fußgelenke zeigen könnten? Da gibt es möglicherweise zwei Gründe. Der erste: So stark wie nie zuvor fühlen wir uns in der heutigen Zeit gedrängt, so lange wie möglich jung zu bleiben. Vom Lebensstil her ebenso wie vom Aussehen. Handykameras überall, Social Media, ewig junge Prominente ... klar, immer schon wollten Menschen jugendlich wirken. Aber erwartet wurde das wohl nie so sehr wie jetzt. Das gilt besonders für Frauen.

Jung bleiben – Pflicht oder Kür?

Botox und Hyaluron gibt es in den großen Städten fast überall ums Eck, längst sind entsprechende Behandlungen nicht mehr nur etwas für Stars und Sternchen. Kaum noch jemand lässt seinen ersten grauen Haaren einfach freie Bahn. Durch die leichte Verfügbarkeit solch kosmetischer Verjüngungsmöglichkeiten stellt sich dann natürlich schnell die irritierte bis vorwurfsvolle Frage: Warum nutzt jemand das nicht?! Einfach natürlich altern – das war vielleicht noch nie so schwierig wie heutzutage.

"In ihre Lebensrealität reinfuchsen": Wie Unternehmen junge Menschen im Kampf um Nachwuchskräfte für sich gewinnen können

Und auch, was Mode und Trends angeht, möchten wir nicht zugeben, aus einer anderen Generation mit anderen Geschmacksregeln zu stammen. Und so scrollen wir auf Instagram, TikTok oder sonst irgendwo durch Anleitungen, wie man sich dem Stil der jungen Menschen anpasst. Hätten unsere Eltern das gemacht? Vermutlich müssen Sie jetzt auch lachen. Die haben höchstens gemeckert, dass unsere Hosen zu tief hingen. Nach Stylingtipps haben sie eher nicht gefragt ...

Anleitungen zum Lässigsein

Das Lustigste ist, dass Teile der Ü30-Generation nun brav Anleitungen befolgen, während der echten Gen Z natürlich völlig egal ist, was irgendwelche Regeln besagen. Die tragen bequeme Socken, weil sie nicht einsehen, weshalb sie das nicht tun sollten. Färben sich die Haare grün, weil sie es cool finden. Ziehen bauchfreie Tops an, auch wenn sie keinen Sixpack haben. Denen ist das einfach schnuppe, die machen, was sie wollen! Huh. Und damit kommen wir auch schon zum zweiten möglichen Grund dafür, weshalb so viele Mitglieder älterer Generationen so gern wie die Gen Z sein wollen.

Sind die vielleicht einfach besser als wir? Entspannter, schlauer, lässiger? Kümmern sich lieber um das Klima als um Cellulite, achten unaufgefordert auf Fairness und Akzeptanz, leben Diversität. Ja, da kann man schon mit etwas unsicherem Blick zurückschauen auf unsere Schulzeiten, in denen fast komplett fettfreie Diäten, Mobbing und Bodyshaming auf der Tagesordnung standen. Witze über Ausländer, Blondinen und Homosexuelle waren alltagstauglich. Wer anders war, hatte es meist schwer. Während wir in den Magazinen gezeigt bekamen, welche Stars gerade schändlicherweise zwei Kilo zugenommen hatten (und am Strand trotzdem einen Bikini trugen), machen die jungen Menschen sich kluge Gedanken dazu, wie sie sich gegenzeitig unterstützen können. Irgendwie scheint die Gen Z so einiges besser hinzubekommen. Kein Wunder, dass wir im Nachhinein gern ein bisschen was von diesem Gefühl abhaben wollen.

Forever young?

Und so muss man heute manchmal genauer hingucken, um festzustellen, ob jemand 22 oder 42 ist. Also, wenn er die Socken- und Scheitelregeln befolgt. Ein ungewöhnlicher Zustand, der so vielleicht noch nicht da war – und vielleicht auch nicht wiederkommt. Denn werden diese merkwürdigen jungen Menschen von heute in 20 Jahren unbedingt so sein wollen wie die jungen Menschen dann? Irgendwie wage ich das zu bezweifeln.

Und weil es Sie womöglich interessiert, hier noch grob die modischen Maxime der Gen Y:

  • Alles sitzt entspannt und locker, eng ist höchstens mal das bauchfreie Top. Ansonsten kein Stretch, bitte.
  • Bloß nichts Verspieltes. Rüschen, Borten, Schleifen, Geklüngel: nein!
  • Schuhe: Weg mit süßen Sandalen, wir tragen jetzt die klobigen Botten, über die wir bei unseren Großeltern gelacht haben.
  • Klare Linien und einfache, kantige Schnitte
  • Eher keine Muster. Höchstens breite Blockstreifen.
  • Der neonfarbene Jogginganzug aus Fallschirmseide, den Sie 2001 in den Altkleidercontainer gegeben haben, wäre gerade der modische Hit schlechthin.
  • Auch Schmuck hat klare Formen und ist "grob", nicht zart und zierlich.
  • Skincare ist das neue Make-up. Vergessen Sie alle Schminkvideos, die Sie je auf YouTube gesehen haben.

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