Der Regisseur Aljosha Pause hat sich mit spannenden Fußball-Dokumentationen einen Namen gemacht: Seine Langzeitstudie "Tom meets Zizou" über den ehemaligen Bundesliga-Profi Thomas Broich wurde einst auf dem internationalen Fußballfilmfestival 11mm als "bester Fußballfilm aller Zeiten" ausgezeichnet, seine zweite abendfüllende Doku "Trainer!" wurde vom New Yorker "Paste Magazine" zum "besten Fußballfilm auf Netflix" gekürt.
In der aktuellen Debatte um Mesut Özil rückt allerdings ein anderes Werk von Pause in den Vordergrund: In "Mesut, 17" verarbeitete Pause 2013 teilweise unveröffentliches Material, das er im Januar 2006 bei einem Jugendfußballturnier drehte, zu einem neuneinhalbminütigen Film über den damals 17-jährigen Özil.
"Ich denke da an die Nummer 11 von Schalke 04"
Im Film äußert sich Uli Stielike, seinerzeit verantwortlich für den Nachwuchsbereich des DFB, über den hochtalentierten Youngster: "Ich denke da zum Beispiel an die Nummer 11 von Schalke 04, das ist ein sehr interessanter Spieler, der im Moment noch türkischer Staatsangehöriger ist, aber drauf und dran ist, die deutsche Staatsangehörigkeit zu beantragen, und das sind eben so Dinge, wo wir hier drauf achten."
Özil wurde seinerzeit Torschützenkönig des Turniers, stand kurz vor seinem ersten Bundesligaeinsatz bei den Profis seines damaligen Vereins Schalke 04 - und sollte kurz darauf die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Pause führte für seine Reportage auch Özils erstes Fernsehinterview überhaupt, in dem sich das junge Talent zu seiner bevorstehenden Einbürgerung äußert. Es sehe momentan sehr gut aus, sagt er: "Ich glaube, in zwei Monaten habe ich meinen deutschen Pass."
Mesut Özil: "Erst für Deutschland spielen"
Auf Pauses Nachfrage, ob es für Özil keine Alternative wäre, für die türkische Nationalelf zu spielen, sagt der 17-Jährige: "Türkei? Ich weiß nicht, vielleicht später. Aber zurzeit will ich erst für Deutschland spielen." Özil besitzt heute keine doppelte Staatsbürgerschaft. Damals spekulierte er aber offenbar noch damit, die endgültige Entscheidung für ein Land zu vertagen, zunächst aber für die Jugendmannschaften des DFB zu spielen.
In jedem Fall bekommt "Mesut, 17" im Licht der Kontroverse um Özils Rücktritt aus der deutschen Nationalmannschaft eine neue Relevanz, auch weil der Film das Geschacher der DFB-Scouts um vielversprechende Talente mit Migrationshintergund ausgerechnet am Beispiel Özil zum Thema macht.
"Özil macht sichtbar, was wir täglich aushalten müssen": Das sagen Deutschtürken zum Rücktritt
Der Rücktritt ist eigentlich nicht der riesige Skandal, zu dem er jetzt gemacht wird. Er hat mich bewegt, allerdings keinesfalls überrascht. Özil ist in eine Position gekommen, in der er nichts mehr richtig machen konnte. Deshalb musste er gehen. Ich kann den Schritt gut nachvollziehen, auch wenn ich es sehr schade finde. Das hätte man alles vermeiden können.
Wir verlieren nicht nur einen Nationalspieler, mit dem wir vor einigen Jahren die WM gewonnen haben, sondern eben auch eine Identifikationsfigur für alle Deutschtürken. Sie müssen ab jetzt Angst haben, einen Fehler zu machen, den man ihnen nicht verzeihen wird. Özils Gefühl, nicht gut genug zu sein, holt leider viele von uns so sehr ab, dass das "Skandalfoto" zur Nebensache wird.