Tausende deutsche Fans haben zum EM-Auftaktspiel des DFB-Teams die westukrainische Stadt Lwiw friedlich in Besitz genommen. Schwarz-rot-goldene Fahnen, weiße und grüne Trikots überall - die Anhänger aus "Nimetschina" beherrschten das Bild. In der Altstadt, Weltkulturerbe der UNESCO, feierten sie mit portugiesischen Fans und Einheimischen ein buntes Fußball-Fest. "Es ist alles ruhig, es gab bislang keine Zwischenfälle", sagte Switlana Dobrowolska, Pressesprecherin der Polizei von Lwiw, dem SID.
"Alle sind in Feierlaune", bestätigte auch Jan Schabacker, Pressesprecher der mitgereisten deutschen Polizisten. 16 der insgesamt 30 deutschen Beamten sind zum ersten Gruppenspiel der DFB-Elf nach Lwiw gereist, zwölf von ihnen sind sogenannte szenekundige Beamte in Zivil. "Wir beobachten die deutschen Fans", sagte Schabacker, "bislang haben wir keine Erkenntnisse, dass Risikofans anreisen."
Auch von ukrainischer Seite rechnet Schabacker nicht mit Ausschreitungen. "Wir wissen, dass es hier eine Hooligan-Szene gibt", sagte er, "aber wir haben überhaupt keine Erkenntnisse, dass mit Angriffen zu rechnen ist." Die Gastgeber haben ihr Polizeiaufgebot für die EURO deutlich aufgestockt. 1321 Beamte aus Nachbarstädten unterstützen die Sicherheitskräfte vor Ort. Auch die Spezialeinheiten "Berkut" und "Jaguar", die sonst vor allem bei Massendemonstrationen eingesetzt werden, sind im Einsatz.
Einen kurzen Zwischenfall gab es in der Nacht zu Samstag. Nach dem 4:1-Sieg Russlands gegen Tschechien gerieten etwa 15 russische Fans am Rande der offizellen Fanmeile in der Innenstadt mit Ukrainern aneinander. Die Polizei trennte die beiden Gruppen aber schnell, es gab keine Verhaftungen, bestätigte Dobrowolska. In der Westukraine sind die Ressentiments gegen Russen nach 52-jähriger Sowjetherrschaft besonders groß.
12.000 deutsche Fans sollen Karten für das Auftaktspiel gekauft haben. Ob tatsächlich alle die Reise in die Ukraine antraten, weiß vor dem Anpfiff niemand. "Die Zahlen schwanken zwischen 7000 und 11.000", sagte Michael Gabriel, Leiter der Koordinierungsstelle Fan-Projekte, in der mobilen deutschen Fan-Botschaft auf dem Rathausplatz. Etwa 2500 Anhänger waren schon am Freitagabend eingetroffen. Am Samstag wurden vereinzelt noch Tickets angeboten.
Der Bürgermeister von Lwiw zeigte sich unterdessen verwundert über den EM-Boykott der Ukraine durch europäische Politiker. "In Lemberg unterstützen wir die Demokratie, wir haben Timoschenko unterstützt, deshalb verstehen wir nicht, warum wir boykottiert werden", sagte Bürgermeister Andrej Sadowy der AFP. Die Ukraine sei "nicht überall gleich".