Rutte sagte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Selenskyj in Kiew, es müsse sichergestellt werden, "dass Russland sich an jedes Abkommen hält" und "niemals wieder versuchen wird, auch nur einen Quadratkilometer der Ukraine zu erobern". Selenskyj sagte, es werde jeden Tag auf mehreren Ebenen über die "Struktur und Infrastruktur" der Sicherheitsgarantien diskutiert. Es handele sich um "eine Menge Arbeit", die nicht einfach sei, gab er zu bedenken.
US-Präsident Donald Trump hatte bei dem Gipfeltreffen mit Selenskyj, Rutte und europäischen Staats- und Regierungschefs in Washington am vergangenen Montag Sicherheitsgarantien für die Ukraine vorgeschlagen, die sich am Beistandsartikel des Nato-Vertrags orientieren sollten. Wie diese Sicherheitsgarantien genau aussehen sollen, ist aber noch unklar.
Nach dem Willen von Trump soll es zudem im Rahmen seiner diplomatischen Friedensbemühungen für die Ukraine erstmals seit Kriegsbeginn ein bilaterales Treffen zwischen Putin und Selenskyj geben.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte allerdings am Freitag, es sei "kein Treffen geplant". Putin sei "bereit, Selenskyj zu treffen, wenn die Agenda für einen solchen Gipfel fertig ist", sagte Lawrow dem US-Sender NBC. Dies sei aber "überhaupt nicht" der Fall. Selenskyj hatte Putin zuvor vorgeworfen, der "Notwendigkeit" eines direkten Treffens für Friedensverhandlungen auszuweichen.
Zeitgleich zu diplomatischen Bemühungen hatte Russland seine Angriffe auf die Ukraine in den vergangenen Tagen unvermindert fortgesetzt. Das russische Verteidigungsministerium meldete am Freitag die Eroberung von drei Dörfern in der ostukrainischen Region Donezk. Die russischen Truppen hatten zuletzt langsam, aber kontinuierlich an Boden gewonnen.
Trump forderte mit Blick auf den Krieg eine Verstärkung der ukrainischen Offensive. "Es ist sehr schwer, wenn nicht unmöglich, einen Krieg zu gewinnen, ohne das Land des Angreifers anzugreifen", erklärte der US-Präsident am Donnerstag (Ortszeit) in seinem Onlinedienst Truth Social. Er verglich den Krieg mit einem Teamsport: Es sei wie bei einer "großartigen Sportmannschaft, die eine fantastische Verteidigung hat, aber keine Offensive spielen darf. Da gibt es keine Chance zu gewinnen", schrieb Trump.
In Kiew sagte Nato-Chef Rutte auf die Frage nach einer möglichen Entsendung von Soldaten der Unterstützerländer in die Ukraine im Zuge von Sicherheitsgarantien, es sei zu früh, "um genau zu sagen, wie das Ergebnis aussehen" werde. Es sei aber auch klar, "dass wir eine Wiederholung des Budapester Memorandums oder des Minsker Abkommens nicht wollen", weil diese keine ausreichenden Sicherheitsgarantien enthalten hätten.
Im sogenannten Memorandum von Budapest von 1994 verzichtete die Ukraine auf die damals noch auf ihrem Gebiet stationierten sowjetischen Atomwaffen. Im Gegenzug erhielt sie Sicherheitsgarantien sowohl von den USA als auch von Russland, die unter anderem den Respekt der Grenzen umfassten. Das Minsker Abkommen sollte nach der russischen Invasion der Krim Frieden in der Ostukraine stiften, konnte den russischen Angriff im Jahr 2022 aber nicht verhindern.
Ruttes Besuch war wie bei solchen Reisen in die ukrainische Hauptstadt üblich, im Vorfeld aus Sicherheitsgründen nicht angekündigt worden. Trotz der diplomatischen Bemühungen um ein Ende des Krieges gibt es immer wieder russische Angriffe in der Ukraine. Nach ukrainischen Angaben griff Russland die Ukraine in dieser Woche so heftig wie seit langem nicht an. Auch während Ruttes Besuch waren Luftalarmsirenen in Kiew zu hören. Am Sonntag begeht die Ukraine ihren 34. Unabhängigkeitstag.