Der Fall Hanna hatte im Oktober 2022 bundesweit für Aufsehen gesorgt. Die Medizinstudentin war nach einer Feier im Musikklub "Eiskeller" nicht in ihr Elternhaus in Aschau zurückgekehrt. Nach aufwändigen Suchmaßnahmen wurde ihr Leichnam im Fluss Prien entdeckt.
Im Frühjahr 2024 verurteilte eine Jugendkammer des Landgerichts Traunstein T. wegen Mordes zu neun Jahren Jugendstrafe. Er soll dem aufgehobenen Ersturteil zufolge Hanna aus sexuellen Motiven überfallen, bewusstlos geschlagen und in die Prien geworfen haben. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil in diesem Jahr aber wegen Befangenheit der Vorsitzenden Richterin auf.
Für die Neuauflage sind Verhandlungstage bis kurz vor Weihnachten angesetzt. Die im neuen Verfahren Vorsitzende Richterin Heike Will sagte, das Verfahren werde vollständig von Anfang an neu geführt. "Wir haben wirklich ein Bedürfnis und Interesse daran, aufzuklären, was in dieser Nacht passiert ist."
Die Richterin sagte, der Tod eines so jungen Menschen wie Hanna sei "immer eine furchtbare Tragödie - eine Tragödie, die schwer zu verkraften ist". Es sei nachvollziehbar und menschlich, wenn in der als Nebenkläger auftretenden Familie der Studentin das Bedürfnis bestehe, jemanden zur Verantwortung zu ziehen. Sollten aber die Vorwürfe gegen T. zu Unrecht erhoben worden sein, habe dieser junge Mann einen Schaden erlitten. T. saß über 900 Tage in Untersuchungshaft.
Verteidiger Georg kritisierte zur Eröffnung das Gericht für die ursprüngliche Verurteilung von T. im ersten Prozess 2024. Die damals Vorsitzende Richterin habe aus purer "Voreingenommenheit" geurteilt, sagte er und kritisierte auch die Staatsanwaltschaft scharf. Diese habe noch nach der erfolgreichen Revision erklärt, die Revision sei nur aus formalen Gründen erfolgreich gewesen. Das sei eine "absichtliche Irreführung der Öffentlichkeit".
T. befindet sich in der Sache auf freiem Fuß, die nun zuständige neue Kammer des Gerichts sieht aktuell keinen dringenden Tatverdacht. Dies begründete das Gericht mit einem Gutachten, wonach es Zweifel an einem Hauptbelastungszeugen gibt.
Der Verteidiger sagte, im ersten Prozess sei es unterlassen worden, die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu prüfen. Dabei sei dieser nicht nur ein wegen Sexualtaten verurteilter Straftäter. Er sei auch erwiesenermaßen mit einer Borderlineerkrankung psychisch erkrankt und ein Lügner, der schon in früheren Verfahren falsche Angaben gemacht habe.
Hanna war nach dem Besuch des Musikklubs "Eiskeller" tot aus dem Fluss Prien geborgen worden. Im ersten Prozess gelangte das Gericht zu der Überzeugung, dass T. als Jogger Hanna aus sexuellen Motiven überfallen und in den Fluss geworfen hatte, wo sie ertrank. Die Verteidigung sah dagegen einen Unfall der mit zwei Promille betrunkenen jungen Frau als möglichen Hergang.
Verteidigerin Regina Rick kündigte an, in der Beweisaufnahme dazu neue Gutachten vorzubringen. Rick stellte zum Prozessbeginn Befangenheitsanträge gegen als Zeugen vorgesehene Gutachter, darunter die Leitung der Münchner Rechtsmedizin. Über die Anträge ist noch nicht entschieden.